Mittwoch, 29. Januar 2014

Grevenbroich Wie sich zwei Pfarrer vor 360 Jahren stritten

Im Archiv der Fürsten zu Bentheim-Tecklenburg liegen historische Beschwerde-Briefe aus Wevelinghoven. Die sind nur schwer zu lesen. Von Wiljo Piel
 
Nachdem das alte Pastorat vor dem Einsturz bewahrt werden konnte, wird im Frühjahr der zweite Abschnitt der umfangreichen Sanierung beginnen. Ziel der Pfarrgemeinde St. Martinus ist es, das 20 Meter lange Gebäude aus dem 17. Jahrhundert der Nachwelt zu erhalten. Nach dem aktuellen Zeitplan soll die Instandsetzung im nächsten Jahr abgeschlossen werden.
Parallel zu den Arbeiten forschen zwei Heimatfreunde in der Geschichte des historischen Hauses, das zu den Top-10-Denkmälern im Rhein-Kreis zählt: Ex-Bürgermeister Theo Hoer und der Grafiker Helmut Coenen wollen mehr über das Pastorat wissen – und sind im Landesarchiv Münster fündig geworden. Dort haben sie gut 80 historische Dokumente aus dem Besitz der Fürsten zu Bentheim-Tecklenburg gesichtet, die einen Einblick in das Leben in dem vermutlich 1653 errichteten Gebäudes geben.
"Im Pastorat ging es seinerzeit recht turbulent zu", meint Helmut Coenen. Davon zeugen die zahlreichen in Münster begutachteten Briefe des reformierten Pastors Wilhelm Scriberius, der sich beim Grafen von Bentheim, aber auch beim Kölner Erzbischof fortwährend über seinen katholischen Kollegen beklagte. Beide lebten in dem Pfarrhaus, das sie akribisch untereinander aufgeteilt hatten – dennoch kam es immer wieder zum Streit. "Vor allem ging es dabei um die Frage, wer das Sagen im Hause hatte", schildert Coenen.
Die besondere Situation: Die protestantische Gemeinde Wevelinghoven war damals im Erzbistum Köln die einzige, die mit Genehmigung des Erzbischofs existierte. Dafür überließ der reformierte Grundherr, Graf von Bentheim, den Katholiken sowohl die Kirche als auch das Pfarrhaus. "Diese Gemengelage sorgte immer wieder für Zündstoff", betont Helmut Coenen
.
Davon zeugen die Dokumente aus dem Fürsten-Archiv – nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern. "In den alten Schriftstücken haben wir einfache Zeichnungen von den Grundrissen des Pastorats gefunden, in denen die Pfarrer ihre jeweiligen ,Besitzverhältnisse' eingetragen hatten." Wilhelm Scriberius markierte den von ihm genutzten Teil mit dem Buchstaben "P" (Protestantisch), sein ungeliebter Kollege kennzeichnete seine "Refugien" mit "C" (Katholisch).
Theo Hoer und Helmut Coenen haben vor, die Streitigkeiten bis zur Eröffnung des sanierten Pastorats zu dokumentieren. Sorgsam wurden alle Schriftstücke fotografiert, das Landesarchiv Münster stellte den beiden Heimatforschern zudem eine CD mit hochwertigen Aufnahmen zur Verfügung. "Das Übersetzen der alten Handschriften ist allerdings für Laien schwierig, ja beinahe unmöglich", betont Helmut Coenen. Er hofft jetzt auf die Unterstützung von Thomas Wolff vom Grevenbroicher Stadtarchiv, der sich mit dem "Entziffern" historischer Dokumente auskennt.
Wie das an der Kirche liegende Pastorat – das zu den ältesten Steingebäuden in der Stadt zählt – künftig genutzt werden soll, steht noch nicht fest. Nach den Plänen der Pfarre soll es künftig aber der Öffentlichkeit zugänglich sein.
Quelle: NGZ

Keine Kommentare: