Der Bürgermeister zum Möbelhaus-Projekt und Plänen für das Münsterschulareal und die Zukunft einer Pierburg-Brache.
Neuss Es war sein zweites Interview
auf dem "Blauen NGZ-Sofa" und wohl der letzte in seiner Amtszeit als
Bürgermeister. Doch amtsmüde zeigte sich Herbert Napp nicht, als er sich
in einem einstündigen Gespräch den Fragen von NGZ-Redaktionsleiter
Ludger Baten stellte.
Herr Bürgermeister, seit Ihrem letzten Besuch ist
viel geschehen, erst vergangene Woche haben Sie die Baugenehmigung an
den Möbelhaus-Investor Kurt Krieger aushändigen können. Sie haben einen
Lauf, oder?
Herbert Napp In der Tat kommt in der
letzten Zeit alles schön zusammen. Viele Dinge, die einer gewissen
Vorbereitungszeit bedurften, sind gereift. Und wir können nun die
Früchte unserer Arbeit ernten.
Haben Sie Angst, bei diesen Erfolgen die Bodenhaftung zu verlieren?
Napp Das ist mein geringstes Problem.
Denn man muss wissen: All das ist eine Teamleistung, auch wenn zu dem
natürlich ein Mannschaftskapitän gehört. Dass wir Einmaliges geschafft
haben, als wir nur fünf Minuten nach dem Satzungsbeschluss zum
Bebauungsplan für das Möbelhaus auch die Baugenehmigung aushändigen
konnten, ist sensationell. Das hat es in Deutschland noch nirgends
gegeben. Aber das funktionierte nur, weil der Rat zügig beschlossen und
die Verwaltung präzise gearbeitet hat.
Sind beim Möbelhaus-Projekt alle Klippen umschifft, oder haben Sie Sorge, das Vorhaben könnte doch noch scheitern?
Napp Ich bin Realist genug, um zu
wissen, dass es genug andere gibt, vor allem Mitbewerber in den
Nachbarstädten, die diesen Erfolg nicht gerne sehen. Für die besteht
natürlich die Gelegenheit, gegen die Baugenehmigung zu klagen. Aber ich
denke, wir haben so präzise gearbeitet, dass der, der klagen will,
schnell feststellt, dass das wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Ich
denke, dass wir das Projekt fristgerecht zu Ende bringen, und möchte
mal die Wette machen: Keiner klagt.
Es gab mit den Firmen Segmüller und Schaffrath noch andere Interessenten aus der Möbelbranche. Ist Krieger der Richtige?
Napp Wir hatten zunächst etwas
Bedenken, weil er auch Grundstücke in Duisburg und Düsseldorf besitzt
und wir nicht wussten, ob er das Grundstück nur haben will, um andere zu
verhindern. Wir waren aber sachlich genug den zu erwählen, der für
unser brillantes Grundstück das meiste Geld zahlt. Herr Krieger hat mir
versichert, er baut auf jeden Fall.
Wie geht es weiter auf den angrenzenden Flächen im Hammfeld? Krieger hat Interesse geäußert, auch diese entwickeln zu wollen.
Napp Krieger weiß genau: Wenn im
Hammfeld erst einmal ein Ausrufezeichen steht wie ein solches Möbelhaus,
wird die dahinter liegende Fläche interessanter und damit auch
wertvoller. Wir haben aber die Planungshoheit nicht aus der Hand
gegeben. Krieger hat keine Option auf diese Fläche. Wir sind es, die
diese mit einem Bebauungsplan weiterentwickeln werden! Danach ermittelt
der Gutachterausschuss den Wert des Grundstückes – und dann kann Krieger
das kaufen. Er muss als Bewerber ganz neu antreten.
Am Hafenbecken I hat sich viel getan, nicht zuletzt weil Pierburg dort sein Niederrheinwerk baut.
napp Darüber bin ich richtig
glücklich, denn es ist uns gegen starke Konkurrenz gelungen, dieses Werk
dort anzusiedeln. Die wichtigste Botschaft dazu ist: Neuss ist auch ein
Industriestandort. Und das Werk zeigt am praktischen Beispiel, dass man
den Konflikt zwischen Innenstadt und Industrie auflösen kann. Nur 500
Meter vom Rathaus entfernt wird eine Gießerei gebaut! Dass wir das
möglich machen konnten, macht mich wahnsinnig stolz.
Ist der Konflikt wirklich zu lösen? Auf dem
Münsterschulareal sind neue Wohnhäuser geplant, und einige Hafenbetriebe
drohen mit Klage.
Napp Ich denke, dass mit Mut und
etwas Geld in der Tasche Lösungen gefunden werden. Die Klageandrohung
werte ich als Muskelspiel im Vorfeld. Als wir ein UCI-Kino am Hafen
gebaut haben, wurden die gleichen Töne angeschlagen. Letztendlich haben
wir immer einen Kompromiss gefunden. Ich bin für Lösungen, die Konflikte
vermeiden. Ich sage aber auch, dass wir Themen wie die Bebauung des
Münsterschulareals nicht auf den St.-Nimmerleinstag verschieben dürfen.
Eine alte Schule, die zunehmend verfällt und zu nichts anderem mehr
dient, als Lärmschutzwall zu sein – das geht nicht.
Ein Düsseldorfer Investor träumt von einer neuen
Nutzung für die denkmalgeschützten Lagerhäuser an der Düsseldorfer
Straße und möchte 25 Millionen Euro investieren.
Napp Wenn das ein Traum ist, möchte
ich den gerne mitträumen. Von diesem Investor weiß ich, dass er sowohl
Kreativität als auch Mittel genug hat, dort etwas zu realisieren. Er
sollte die Chance bekommen, konkret zu werden.
Was hat der Bürger von diesen Entwicklungen, zu
denen ja auch noch der Insel- und Uferpark auf dem ehemaligen
Case-Gelände in Nachbarschaft zu Pierburg zu zählen ist?
Napp Ich weiß, dass das alles
zusammenhängt. Der Zugang zum Wasser war noch vor wenigen Jahren
versperrt, die Stadt geteilt in Innenstadt und Industriegebiet Hafen. Es
macht Sinn fortzuführen, was wir da begonnen haben, und die Stadt mit
dem Hafen zu versöhnen.
Wenn Pierburg auf die Hafenmole umzieht, entsteht
am Altstandort im Barbaraviertel eine fünf Hektar große Industriebrache.
Was sollte sich dort entwickeln?
Napp Unser Glück ist, dass die Fläche
dort fast gänzlich im Besitz eines Investors ist. Auf großen
Grundstücken kann man große Ideen verwirklichen. Wir sind der
Überzeugung, wie das auch schon im Planungsausschuss angedeutet wurde,
dass die Entwicklung in Richtung Wohnbebauung gehen muss. Ein größeres
Unternehmen dort, also in Nachbarschaft von schon bestehenden
Wohnquartieren, anzusiedeln, werden wir nicht hinbekommen.
CHRISTOPH KLEINAU FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN.