Unter den
548 Tagen, die Bürgermeister Herbert Napp noch im Amt ist, markieren
einige Daten einen echten Endpunkt oder aber einen Neuanfang. Und selbst
der letzte Tag im Amt eröffnet neue Chancen: "Dann erfinde ich mich
neu."
Von Christoph Kleinau
Am Ostersonntag liegen vor Bürgermeister Herbert Napp
noch exakt 548 Tage im Amt. Keiner dieser Tage wird sein wie der andere,
manche werden neue Chancen bieten, doch einige sind für Napp schon
jetzt wichtige Zielmarken. Weil dann etwas erreicht oder etwas neu
angestoßen wird. Besonders wichtig ist dem Bürgermeister unter all
diesen Tagen das Datum 24. Mai. Denn am Tag vor der Kommunalwahl wird
Neuss schuldenfrei sein.
538 und der Rest von heute: Am 30.
April diskutiert der Planungsausschuss in seiner letzten Sitzung in
dieser Ratsperiode das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs für das
ehemalige Firmengelände des Automobilzulieferers Pierburg. "Ein
Knaller", sagt Napp über den Siegerentwurf des Düsseldorfer Büros
Konrath und Wennemar, der ein ganzes Quartier mit 400 Wohneinheiten,
Grün, Kindergarten und einem autofreien Zentrum vorsieht. Einen ersten
Spatenstich dort wird Napp noch als Bürgermeister erleben, denn parallel
zu dem langwierigen Verfahren, mit dem ein Bebauungsplan erarbeitet
wird, werden einige Teile des Quartierrandes in einem gesonderten
Verfahren schon vorab baureif gemacht.
514 und der Rest von heute: Am Tag
vor der Kommunalwahl klingelt es in der Stadtkasse. Zu diesem Termin
sind die 30 Millionen Euro fällig, die der Berliner Projektentwickler
Kurt Krieger für das Grundstück zahlt, auf dem derzeit das
Höffner-Möbelhaus entsteht. Ein Drittel der Summe soll einen
Innenstadtfonds speisen, mit dem Rest will Napp alle Kassenkredite
ablösen, die die Stadt zur Sicherung ihrer Liquidität aufgenommen hat.
"Das überzogene Girokonto", nennt er diese Belastung. Verbindlichkeiten
aus Investitionskrediten gäbe es zwar weiter, doch könnten diese aus dem
laufenden Einkommen der Stadt bedient werden. Eine Familie bezahle ihr
Häuschen ja auch nicht bar, sagt Napp. Zu diesem Vorgehen brauche er
keinen Ratsbeschluss, stellt Napp fest und ergänzt: "Die
Gestaltungsmöglichkeiten im Haushaltsjahr 2015 enden dort, wo neue
Schulden gemacht werden müssten." Das will er bis zu seinem Dienstende
verhindern, denn Schuldenfreiheit sei eine Chance und "ein
Alleinstellungsmerkmal in Nordrhein-Westfalen."
379 und der Rest von heute: Am 6.
Oktober fährt Bürgermeister Herbert Napp zur Gewerbeimmobilienmesse
"Expo Real" nach München. Im Gepäck: Unterlagen für einen
Ideenwettbewerb zur Neugestaltung des Wendersplatzes am Hessentor.
Dieser Platz, der mal für das Kreishaus vorgesehen war, sei für
Wohnzwecke ungeeignet sagt Napp, der auch nicht an den großen
Gewerbemieter glaubt, der dort großflächig Büros baut. "Kreativ
nachdenken über Nutzungen", sagt Napp - und gibt eine Idee vor: Wie wäre
es mit einer Schönheitsfarm?
298 und der Rest von heute: Napp ist
überzeugt, dass dem ersten Spatenstich am 20. Mai am 27. Dezember die
Eröffnung des Höffner-Möbelhauses folgt. Für ihn kein Schluss-, sondern
ein Startpunkt, denn dann beginnt die Entwicklung der Restflächen im
Gebiet Hammfeld II. "Ein Magnet wie das Möbelhaus wird andere
Unternehmen anziehen", sagt Napp. Und die bringen Jobs und
Steuereinnahmen.
51 und der Rest von heute: Am 30.
August 2015 wird Herbert Napp zum letzten Mal als Bürgermeister bei der
Parade der Neusser Schützen auf dem Markt stehen. "Da wird sich sicher
ein komisches Gefühl des Abschieds einstellen", sagt er -und kündigt für
diesen Tag das Ende seiner eigenen Schützenlaufbahn an. Die brachte ihn
1980 sogar bis ins Königsamt.
37 und der Rest von heute: Der 13.
September 2015 ist voraussichtlich der Tag, an dem ein neuer
Bürgermeister gewählt wird. "Dann weiß ich, wer mein Nachfolger wird",
sagt Napp. Ab dann wird die Übergabe der Amtsgeschäfte vorbereitet.
5 und der Rest von heute: Am 15. Oktober 2015 wird Napp 69 Jahre.
Dienstzeitende: Am 20. Oktober 2015
endet die Amtszeit von Herbert Napp als Bürgermeister - nach 16 Jahren,
sieben Monaten und 24 Tagen. "Am letzten Tag werde ich noch irgendeine
Dringlichkeitsentscheidung unterzeichnen, damit jeder sieht, dass ich
bis zur letzten Minute mein Amt ausgeübt habe." Um die Fusion der
kommunalen Krankenhäuser wird es dabei sicher nicht gehen, denn, so
Napp: "Eine solche Fusion werde ich bis zuletzt verhindern. Weil sie
keinen Sinn macht."
Tag eins vom neuen Leben: Ab dem 21.
Oktober 2015 will sich Herbert Napp "neu erfinden", wie er sagt.
Vielleicht gehöre dazu auch, seine Segelkenntnisse im Wassersportzentrum
Sandhofsee aufzufrischen.
"Verplant" ist der Bürgermeister für die nächsten 548
Tage noch nicht. Er freut sich auf die Einladung zur Eröffnung des
Niederrheinwerkes von Pierburg Ende 2014, weil Einmaliges erreicht
wurde: "Wir haben gezeigt, dass der Konflikt zwischen Wohnen und
Gewerbe, der überall in der Bundesrepublik als unlösbar angesehen wird,
mit dem guten Willen aufzulösen ist." Und er hofft, den Grundstein für
neue Wohnhäuser im Büropark Hammfeld I noch als Bürgermeister legen zu
können. Aber vielleicht bleibt das ja für seinen Nachfolger "übrig".