Mittwoch, 22. Januar 2014

Rommerskirchen Ausstellung zeigt Frauenberufe um 1900

Am Donnerstag beginnt im Kreiskulturzentrum eine Ausstellung, die das harte Leben der Landfrauen thematisiert. Von Anneli Goebels
Die Auswahl war nicht groß: Junge Frauen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiten wollten oder mussten und auf dem Land lebten, hatten nicht die Qual der Wahl. Sie hatten die Möglichkeit, als Melkerin, Tagelöhnerin auf dem Feld, als Köchin, Magd oder Kindermädchen zu arbeiten oder aber selbständig als Näherin. Denn eigentlich war Lohnarbeit für die Landfrauen gar nicht vorgesehen. Eher war ihr Weg zu heiraten, Kinder zu bekommen, den Haushalt zu versorgen und, falls sie einen Bauern geheiratet hatten, bei der Hofarbeit zu helfen.
Mit dem Thema "Frauensache – Frauensachen – Zur Lohnarbeit von Frauen im Rahmen vorindustrieller Landwirtschaft am Niederrhein" beschäftigt sich eine Ausstellung im Kreiskulturzentrum Sinsteden, die morgen Abend um 19 Uhr von dessen Leiterin Kathrin Wappenschmidt und Katharina Hüsers, verantwortlich für die Konzeption, eröffnet wird und bis zum 27. April zu sehen ist.
Anhand von Objekten, Fotografien und Berichten wird das Lebens- und Arbeitsumfeld dieser Frauen gezeigt. Darunter auch Leihgaben von Agnes Keller aus Rommerskirchen. Die 82-Jährige erinnert sich noch gut daran, wie ihre Mutter Antoinette als Näherin unterwegs war. So hatte sie Katharina Hüsers erzählt, dass sie mitunter zwei Wochen auf einem Bauernhof blieb, um dort die Aussteuer für die Tochter, deren Brautkleid oder aber auch Kleidung für die ganze Familie zu nähen. In Heimarbeit wurden dann eher zerschlissene Sachen ausgebessert.
"Vergleichsweise dazu", erklärt Hüsers, ehemalige stellvertretende Leiterin des Grefrather Freilichtmuseums, "hatten die jungen Frauen, die als Mägde, Melkerinnen der Tagelöhnerinnen auf einem fremden Hof arbeiten mussten, ein Sklavenleben." Denn sie seien der völligen Willkür der Bauern ausgesetzt gewesen. Bereits mit 15 Jahren wurden die Mädchen von ihren Eltern für ein Jahr auf einen fremden Hof geschickt, den sie auch die ganze Zeit nicht verlassen durften. Kündigen konnten sie nicht, allerdings konnte ihnen gekündigt werden. Frei hatten sie nur Sonntagmorgens, ihr karger Lohn ging größtenteils an die Eltern als sogenanntes Mietgeld.
Nach einem Jahr gingen sie zunächst nach Hause, bevor sie zum nächsten Hof geschickt wurden. Das setzte sich so fort, bis sie heirateten. Schwere körperliche Arbeit war damals Frauenarbeit. Eine typische war "Wasser holen", und zwar sowohl für die Bewohner des Hofs als auch für sämtliche Tiere. "Wenn man bedenkt, dass allein ein Pferd 50 bis 60 Liter Wasser täglich braucht, wird klar, was diese Frauen jeden Tag leisten mussten. Das ist kaum zu glauben", so Wappenschmidt. Denn meistens war der Brunnen nicht auf dem Hof, sondern irgendwo außerhalb.
Die Arbeiten als Tagelöhnerinnen auf dem Feld waren nicht weniger körperlich anstrengend. Rüben ziehen und köpfen, Kartoffeln setzen, Getreide ernten, gehörten unter anderem dazu. Und all das mit recht einfachen unhandlichen Werkzeugen. Auch davon sind in der Ausstellung einige zu sehen, ebenso Küchengeräte aus der damaligen Zeit. Viele sind Leihgaben von Rommerskirchenern, die auf einen Aufruf des Kulturzentrums im vergangenen Jahr reagiert und ihren Speicher durchstöbert hatten, wo es noch Erbstücke von Eltern und Großeltern gab.
Musikalisch begleitet wird die Ausstellungseröffnung morgen von Gita Idkin mit Klaviermusik und Gesang.
Quelle: NGZ

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