Mittwoch, 22. Januar 2014

Neusser Kunst Skulpturen-"Demo" für Einheit und Vielfalt

Die Skulpturengruppe "Demo/ Des mots" des Neusser Bildhauers Holt am Rathaus bildet alle Gesellschaftsschichten ab. Sie ermutigt, sich zu bewegen. Von Susanne Zolke
Was haben ein Bischof, eine Punkerin, ein geheimnisvoller Herr mit Sonnenbrille und eine elegante Dame im Abendkleid gemeinsam? Nicht viel, sollte man meinen. Aber zusammen mit anderen Gestalten stehen sie vereint auf der kleinen Grünfläche gegenüber vom Bürgerbüro im kleinen Rathaus-Innenhof. Allerdings bestehen sie aus Anröchter Stein und Edelstahl und bilden die Skulpturengruppe "Demo/Des mots" (Worte) des aus Frankreich stammenden Künstlers Holt.
"Die chinesische Terrakotta-Armee hat mich zu dem Werk inspiriert, auch wenn ich nicht den Ehrgeiz hatte, über 7000 Figuren zu erschaffen", sagt Holt lachend. Immerhin 19 Skulpturen haben sich zu einer Demo versammelt; mit einer Kerngruppe von 13 Demonstranten hatte 2005 alles begonnen. "Als meine Figuren im Innenhof des Rathauses aufgestellt werden, wusste ich, jetzt bin ich endlich ein echter Nüsser", erzählt Holt mit charmanten französischen Akzent. "Im Laufe der Jahre sind dann immer noch mehr Leute dazu gekommen, jetzt ist die Gruppe aber vollendet", sagt Holt.
Mit dem Kunstwerk wollte der Bildhauer vor allem die Demonstration als Gesellschaftsprinzip darstellen, das besonders in seiner Heimat eine große Rolle spielt. "In Frankreich ist die Kultur des Demonstrierens sehr lebendig, Franzosen gehen oft schon auf die Straße, bevor etwas beschlossen ist."
Auf den ersten Blick wirkt die Gruppe geschlossen und homogen, alle Figuren haben eine längliche Form, fast stelenartig und bestehen aus dem gleichen Material. Erst bei genauerem Hinsehen fallen die großen Unterschiede auf. "Es war mir wichtig, die gesamte Gesellschaft abzubilden und gleichzeitig mit Gegensätzen zu spielen", sagt Holt. "Die Figuren spiegeln ganz unterschiedliche Charaktere wider, dennoch bilden sie eine Einheit." Die Punkerin zum Beipiel provoziere durch ihr Aussehen, mit ihrem Irokesenschnitt steche sie hervor. "Sie wird aber von ihrem Sohn begleitet, der wiederum gegen seine Mutter rebelliert, indem er sich bürgerlich kleidet und eine Krawatte trägt."
Auch der Klerus fehlt nicht. Als eine der letzten Figuren integrierte er einen Bischof in die Gruppe. "Die Skulptur mit der Bischofsmütze ist als augenzwinkernder Gruß an Kardinal Frings gedacht, den ich sehr mag. Gleichzeitig soll der Geistliche die Demonstranten an unser christliches Wertesystem erinnern, das unsere Gesellschaft prägt."
Auch die Größe der Figuren spielt eine Rolle. Die bis zu 2,60 Meter hohen Skulpturen folgen alle einem Winzling, der nur aus einem Kopf mit weit aufgerissenem Mund besteht. "Umso kleiner, desto lauter. Macht hat nichts mit der Körpergröße zu tun. Man kann an Napoleon denken oder auch an Sarkozy, viele Menschen sind diesen kleinen Männern gefolgt", so Holt, der 1960 in Versailles geboren wurde. "Die anderen folgen, sie sind Mitläufer, Trittbrettfahrer, vielleicht auch nur Neugierige." Auch solche Leute würden gebraucht, denn nur Schweigen mache die Gesellschaft kaputt. "Die Gruppe ist eine Ermutigung, sich zu bewegen – mit Worten und Taten."
Quelle: NGZ

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