Heute vor
50 Jahren ging der Stern des "Größten" auf. Cassius Clay alias Muhammad
Ali wurde der Weltmeistergürtel erstmals umgelegt. Zwei Jahrzehnte
später besuchte der Weltstar Neuss und flachste mit Oberbürgermeister
Thywissen.Von Ludger Baten
Hermann Wilhelm Thywissen traute seinen Ohren nicht.
"Ein Boxer soll sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen?" fragte der
Oberbürgermeister ungläubig. Doch als Thywissen sich bewusst wurde, wer
sich da hinter dem "gewissen Herrn Ali" verbarg, öffnete er bereitwillig
und voller Freude die Türen zum Neusser Rathaus: Muhammad Ali machte
auf seiner Talentsuche auch in Neuss Station, übernachtete im heutigen
Swissôtel und fuhr im weißen Rolls Royce auf dem Markt vor. Das war am
13. September 1984. Damals war Ali längst "Der Größte", der größte Boxer
aller Zeiten. Die Älteren erinnern sich: Heute vor 50 Jahren wurde ihm
erstmals der Weltmeistergürtel umgelegt. Titelverteidiger Sonny Liston
trat in Miami zur siebten Runde nicht mehr an – und auch die Neusser
Fans saßen nachts vor dem Fernseher. Ali hatte kein Problem mit der
Einschaltquote.
Muhammad Ali, 1942 als Cassius Clay jr. in Louisville,
Kentucky, geboren, war an der Spitze des Weltsports angekommen – und
ist dort bis heute geblieben. Schon zu Lebzeiten eine Legende. 1999
wählte ihn das Internationale Olympische Komitee (IOC) zum "Sportler des
Jahrhunderts". Seine unvergessenen Ringschlachten mit George Foreman
(Rumble in the Jungle) und Joe Frazier (Thrilla in Manila) gehören zu
den großen Klassikern des Schwergewichtsboxens. Wenn Ali kämpfte,
klingelte auch in deutschen Schlafzimmern nachts der Wecker. Einmal
durfte gar ein deutscher Boxer den "Größten" herausfordern. 1966 stand
Karl Mildenberger im Frankfurter Waldstadion bis zu 12. Runde – womit er
mehr Standhaftigkeit bewies als ihm Experten im Vorfeld zugetraut
hatten.
Freiheitsmedaille für Muhammad Ali
Mildenberger und Ali wurden nach dem WM-Kampf Freunde.
1984 gingen sie gemeinsam auf Promotion-Tour, um in Deutschland
Boxtalente zu aufzuspüren. Ob sie fündig wurden, ist nicht überliefert.
Überliefert ist aber, dass irgendwer das prominente Duo auch nach Neuss
führte; vielleicht weil in Neuss mit dem damaligen Rheinpark Plaza eines
der besten Hotels im Großraum Düsseldorf stand.
Dass der "Größte" in der Stadt weilte, ließ wiederum
die Öffentlichkeitsarbeiter im Rathaus nicht ruhen. Sie organisierten
einen medienwirksamen Auftritt des weltberühmten Boxers beim damaligen
Oberbürgermeister Hermann Wilhelm Thywissen. Zum Besuch gehörte der
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Neuss.
Der Erste Bürger der Stadt empfing den prominenten
Gast auf dem Markt. Vor dem Rathaus entstieg der zwei Meter große Ali im
beigefarbenen Anzug seinem weißen Rolls Royce, schüttelte dem Hausherrn
gewinnend die Hand und drückte dem verdutzten, einen Kopf kleineren
Thywissen seine Baseball-Kappe auf den Kopf. Die Chronisten notierten
später, dass Muhammad Ali, der "Weltmeister aller Klassen", von der
Herzlichkeit Thywissens "sichtlich angetan" gewesen sei.
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