Freitag, 21. Februar 2014

Neuss Bei Implantaten mehr Kontrolle gefordert

Patienten können sich nicht auf Prüfsiegel verlassen, wenn sie Prothesen erhalten, hat eine Dokumentarfilmerin aus Neuss gezeigt. Hiesige Ärzte setzen deshalb auf eigene Wege, um hochwertige Produkte einsetzen zu können. Von Susanne Genath
 
Mangelhafte Hüftprothesen, krebserregende Brustimplantate, Prüfsiegel, die problemlos in Osteuropa für jedes noch so schadhafte Produkt gekauft werden können, und defekte Defibrillatoren, die im Notfall versagen und kein Leben retten – die Liste der vermeintlichen Hilfsmittel, die in Wirklichkeit Menschen eher schaden, ist lang. Dokumentarfilmerin Dorina Herbst aus Neuss hat damit verbundene Schicksale in einem Film zusammengetragen, der jüngst beim Fernsehsender Arte ausgestrahlt wurde. Der Titel: "Schrott im Körper." Die ehemalige Marienbergschülerin hat sich dazu mit Opfern von mangelhaften Medizinprodukten getroffen. "Ich habe dabei oft emotionale Momente erlebt", sagt die 32-Jährige.
"Medizinische Produkte müssen einer höheren Kontrolle unterliegen", bestätigt Andreas Kremer, Sprecher des Lukaskrankenhauses. "Es reicht nicht, nur sogenannte CE-Zeichen zu vergeben, es müssen weitere Kontrollmechanismen eingeführt werden." Daran arbeiteten medizinische Fachwelt und Regierung zurzeit, ebenso an einem zentralen Register für Implantationen.
In dem Neusser Krankenhaus werden künstliche Hüften, Knie, "gelegentlich auch ein Oberarmkopf" eingesetzt, genauso künstliche Gehörknöchelchen. "Die Ärzte entscheiden danach, mit welchen Produkten sie gute Erfahrungen gemacht haben, nicht, welcher Hersteller gerade der günstigste ist", sagt Kremer.
So halte man es auch in der Rheintor-Klinik, erklärt Nicole Rohde, die kaufmännische und pflegerische Leiterin. Rund 800 Prothesen, überwiegend Hüft- und Kniegelenke, werden in dem auf Orthopädie und Chirurgie spezialisierten Krankenhaus jährlich eingesetzt. "Für die Implantatsauswahl sind die Operateure zuständig. Sie legen sehr hohe Maßstäbe an."

Dennoch bekamen auch dort in der Vergangenheit etwa 100 Patienten künstliche Hüftgelenke der Firma Johnson & Johnson eingesetzt, die im letzten Jahr zurückgerufen wurden. Dorina Herbst hat die großen Beschwerden und Einschränkungen, die sie hervorrufen können, in ihrem Dokumentarfilm thematisiert. "Als der Rückruf kam, hatten wir die Prothesen aber schon vier Jahre nicht mehr verwendet", sagt Rohde.
Grundsätzlich seien heutige Patienten immer aufgeklärter. "Sie fragen mehr nach, auch was verwendet wird." Dies sei begrüßenswert. Genauso sieht man es im am Johanna-Etienne-Krankenhaus. Im dortigen Brustzentrum des Rhein-Kreises Neuss werden jedes Jahr zahlreiche Brustimplantate eingesetzt. "Wir haben aber nie PIP-Material verwendet", sagt Krankenhaussprecherin Christina Jacke. Die Silikonimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) stehen im Verdacht, reißen und Entzündungen auslösen zu können. Dorina Herbst hatte in ihrem Film Frauen begleitet, die nun in Frankreich vor Gericht ziehen. Der TÜV hatte die Implantate zertifiziert.
Gute Prothesen lägen den Medizinern im "Etienne" am Herzen. "Chefärzte von uns, wie Dr. Georg Unruh und Dr. Jörg Jerosch, wirken selbst an der Implantatentwicklung mit und können damit super Erfolge zum Beispiel bei Schulter-Operationen erzielen", berichtet Jacke.
Quelle: NGZ

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