Mittwoch, 26. Februar 2014

Dormagen Schüler forschen zum Ersten Weltkrieg

Unterricht einmal anders: 24 Oberstufenschüler des Leibniz-Gymnasiums verbrachten vier Nachmittage im Archiv des Rhein-Kreises und beschäftigten sich mit Themen rund um den Ersten Weltkrieg in Dormagen und Umgebung. Von Anneli Goebels
 
Das "Praktische Kriegskochbuch" von 1918 hat es Patrizia Kroll besonders angetan. Und wenn es auch ohne Bilder oder Zeichnungen ist und die Schrift für die 18 Jahre alte Schülerin des Leibniz-Gymnasiums kaum zu lesen ist, hat sie vor, das ein oder andere Gericht einmal nachzukochen. Was ihr sofort auffiel: Hinter vielen der Rezepte steht als Zusatz "zum Sattessen".
Damals durchaus ein Grund für die Auswahl. Die würde heute wohl eher den Zusatz "kalorienarm" rechtfertigen. Jana Brenneisen hat sich durch Mathe-Aufgaben gewühlt – mit einem Lehrerbuch, ebenfalls aus der Zeit um 1914. Bemerkenswert: Die Textaufgaben, die den Schülern vorgelegt wurden, sind ganz und gar dem Thema Krieg gewidmet. "Dort mussten nicht Äpfel oder Birnen addiert werden, sondern Kriegsflotten", sagt die 17-jährige Schülerin.
Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg. Sicher Grund genug, das im Geschichtskurs der Oberstufe zu thematisieren. Doch das einfach anhand des Lehrbuchs "abzuarbeiten" war Lehrer Marcel Wienen zu wenig. "Da ich bereits im vergangenen Jahr mit einer neunten Klasse das Thema 'Nationalsozialismus' im Kreisarchiv bearbeitet habe, lag die Idee nah, das zu wiederholen", sagt Wienen.
Anderes Thema, andere Schüler – doch die gleiche Begeisterung. "Hier einmal Original-Dokumente in der Hand zu haben und zu wissen, dass die vor 100 Jahren ebenfalls jemand durchgeblättert oder sogar geschrieben hat, ist schon spannend", sagt Daniela Hecht (17). Und die gleichaltrige Katharina Kamp bestätigt: "Das macht hier total Spaß." Dass diese Art von Unterricht gut funktioniert, weiß Archivleiter Stephen Schröder nur zu gut. "Die Quellen machen das Leben damals für die Schüler einfach greifbarer", sagt er und wundert sich eigentlich gar nicht über die zum Teil ehrfurchtsvolle Stille, die in den Arbeitsgruppen herrscht.

Gemeinsam mit Marcel Wienen und Archiv-Mitarbeiter Peter Ströher wurden fünf "Stationen" entwickelt, immer unter dem Blickwinkel, was für die Schüler leicht zugänglich ist. "Feldpostbriefe, Kriegstagebuch, Fotografien" ist das Thema der ersten, "Schulchroniken" das der zweiten, "Zeitungen, Flugblätter, Propagandaliteratur, Gedenkbuch" das der dritten, "Akten I: Soziale und wirtschaftliche Fragen" das der vierten und schließlich "Akten II: Besatzung und Fotografien" das der fünften Station. "Jeder Schüler muss drei der fünf Stationen durchlaufen", erklärt Geschichtslehrer Marcel Wienen das Konzept – und sowohl ein Archivtagebuch führen als auch einen Expertenartikel verfassen.
Im Tagebuch sollen die Schüler notieren, was genau sie gemacht haben, wie sie zurechtgekommen sind und wie ihnen die Arbeit gefallen hat. "Dabei geht es nicht darum, alles schön zu reden. Wenn es ihnen nicht gefallen hat, dann sollen sie das schreiben, müssen es aber genauso begründen wie eine positive Bewertung", sagt Wienen. Für den Expertenartikel soll jeder Schüler zu dem Thema, das ihn am meisten interessiert hat, einen Bericht schreiben. Aus allen 24 wird ein Heft erstellt. Und – beide Produkte werden in die SoMi (sonstige Mitarbeit)-Note einfließen. Tja, und damit wären dann die Leibniz-Schüler auch wieder in ihrer eigenen Realität angekommen.
Quelle: NGZ

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