Samstag, 3. Mai 2014

Kaarst SPD erklärt die Wahl in "Leichter Sprache"

Die Sozialdemokraten bieten ihr Kommunalwahlprogramm als erste Partei in Kaarst in einer besonders einfach geschriebenen Version an. Texte mit dem Siegel "Leichte Sprache" richten sich vornehmlich an Lernbehinderte. Von Julia Hagenacker
 
Nehmen wir das Thema "Wohnen" - eines, das sich im Kommunalwahlkampf alle großen Parteien in Kaarst auf die Fahne geschrieben haben. Im Original-Wahlprogramm der Sozialdemokraten ist die Problembeschreibung eher komplex: "In Kaarst besteht der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bei jungen Familien ebenso wie bei Alleinstehenden und Senioren", heißt es dort. Und weiter: "Daher fordern wir, den von der SPD angestoßenen Prozess zur Entwicklung eines kommunalen "Handlungskonzepts Wohnen" konsequent und zügig fortzuführen mit den Zielen: preiswerter, familiengerechter Wohnungsbau (gefördert), alternative Wohnformen anstelle einförmiger Siedlungen, barrierefreier und bezahlbarer Wohnraum, der Förderung von Mehrgenerationen-Wohnprojekten, der Förderung alterssensibler Quartiersentwicklung." Für viele Menschen - Senioren mit Demenz, Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Migrationshintergrund zum Beispiel - sind solche Sätze schwer zu verstehen.
Als erste Partei in Kaarst bietet die SPD ihr Kommunalwahlprogramm 2014 deshalb auch in einer besonders einfach geschriebenen Version an. In diesem liest sich das Wohnungsproblem so: "Jede Familie muss eine Wohnung haben. Die Wohnung muss die Familie bezahlen können. Das nennt man: bezahlbaren Wohn-Raum. Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohn-Raum. Deswegen müssen mehr günstige Wohnungen gebaut werden. Alte und junge Menschen sollen zusammen wohnen." Sabine Kühl, selber Mutter eines Sohnes mit Lernschwierigkeiten, sachkundige Bürgerin der SPD-Ratsfraktion und Kandidatin für den Kreistag, hat das 18-Seiten-Wahlprogramm der Kaarster SPD in "Leichte Sprache" übersetzt und es anschließend, wie es das Sigel vorschreibt, von einem Menschen mit Handycap auf Verständlichkeit prüfen lassen. "Das ist ziemlich aufwendig", sagt Kühl. Rund 20 Stunden hat sie allein für die Übersetzung gebraucht.
Selbstverständlich ist die "Leichte Sprache" keine SPD-Erfindung. Erstmals bei der Bundestagswahl 2013 haben alle großen Parteien ihre Wahlprogramme darin herausgebracht, auf lokaler Ebene sind die Sozialdemokraten in Kaarst aber Vorreiter. "Für uns ist das ein großer Schritt zur Barrierefreiheit in der Kommunalpolitik", sagt SPD-Parteichef Kocay Ekici. Und auch CDU-Chef Lars Christoph und Grünen-Vorsitzender Christian Gaumitz halten die Idee für grundsätzlich gut. Während die CDU laut Christoph bei Fragen im Wahlkampf allerdings auf persönliche Gespräche setzt, ist sich Gaumitz sicher: "Unser Kurzwahlprogramm ist zwar nicht in ,Leichter Sprache' im zertifizierten Sinn, aber durchaus verständlich formuliert." Wie die Sozialdemokraten plädiert Gaumitz für eine grundsätzlich bürgernahe Verwaltungssprache.
Sabine Kühl übersetzt derweil das Wahlprogramm der Kreis-SPD. Sorge der Politik, glaubt die Kommunalpolitikerin, könnte unter Umständen die sein, dass in einem auf die Kernaussagen komprimierten Wahlprogramm in "Leichter Sprache" am Ende zu wenig "Masse" übrig bleibt. "Ich persönlich", sagt Kühl, "kann nur sagen: Ich habe mich noch nie so intensiv mit unserem Wahlprogramm auseinandergesetzt, und - es hat mir gut getan!"
Quelle: NGZ

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