Donnerstag, 20. Februar 2014

Kaarst Wohnheim in Nachbarschaft integriert

Nach der anfänglichen Skepsis in der Nachbarschaft an der Heinrich-Lübke-Straße ist das Haus St. Matthias für betreutets Wohnen inzwischen akzeptiert. Es ermöglicht seinen Bewohnern ein selbstständiges Leben. Von Stefan Reinelt
 
Wilfried Schöne sitzt auf dem Sofa und zupft an einer Gitarre aus seiner kleinen Sammlung. Früher hat er in Rockbands gespielt, neben der Musik hat er nun auch das Malen für sich entdeckt. Bilder von Jimi Hendrix und Marilyn Monroe hängen im Wohnzimmer seines Zwei-Zimmer-Appartements mit Kochnische. Der 71-Jährige lebt eigentlich das normale Leben eines Rentners. Daran geglaubt hatte er zwischenzeitlich nicht mehr.
Psychosomatische Störungen machten ihm ein Leben im Alltag nicht mehr möglich. Er litt unter unerklärlichen Schmerzen. Vor 21 Jahren löste er seinen ganzen Haushalt auf und zog in das psychiatrische St. Alexius-/St. Josef-Krankenhaus der Augustinus-Kliniken in Neuss. Sieben Jahre lebt er dort, anschließend zog er in die Wohneinrichtung Maximilian-Kolbe-Haus.
"Ich dachte, dort bleibe ich für immer", sagt Schöne. Doch er wagte noch einen Schritt weiter in die Selbstständigkeit und zog im August 2011 in das neu eröffnete Haus St. Matthias in Kaarst. Er lebt im Bereich des betreuten Wohnens wie ein normaler Mieter und kann rund um die Uhr den Dienst der St.-Augustinus-Behindertenhilfe im benachbarten Wohnheim in Anspruch nehmen. Dort leben 16 Personen mit chronischen Abhängigkeitserkrankungen in mehreren Wohngemeinschaften.
Auch dort wird ein Leben so nah wie möglich an der Realität gestaltet. "Jeder hat seine Türklingel und einen eigenen Briefkasten", sagt Hausleiter Thomas Bänker. Einige Bewohner gehen tagsüber einer Arbeit in den Gemeinnützigen Werkstätten Neuss nach, die übrigen sind in die tagesstrukturierenden Dienste der Einrichtung integriert – so wie Wilfried Schöne. Dort geht er seinem künstlerischen Hobby nach, dienstags wird immer gemeinsam gebacken, und im Gemeinschaftsraum trifft man den 71-Jährigen oft am Computer an.

Nach drei Jahren kann das Haus St. Matthias nach Ansicht seines Leiters Thomas Bänker eine Erfolgsgeschichte schreiben. Wilfried Schöne sei das beste Beispiel dafür. Nicht nur die Bewohner sind in die Hausgemeinschaft gut integriert, die Einrichtung selbst ist es auch in ihrer Nachbarschaft an der Heinrich-Lübke-Straße. Vor der Grundsteinlegung waren die Bedenken der Anwohner noch groß. Ein Haus für suchtkranke und psychisch labile Menschen mitten im Wohngebiet bereitete ihnen Kopfzerbrechen. Eine Informationsveranstaltung und das Zugehen auf die Nachbarschaft hatten die Gemüter aber schnell wieder beruhigt.
"Spaziergänger schauen mit ihren Hunden interessiert in unseren Innenhof. Dann wird zusammen Kaffee getrunken, und wir erklären ihnen, was wir hier machen, nämlich mit unseren Bewohnern ein ganz normales Leben gestalten", erzählt Thomas Bänker. Das gemeinsame Leben beschränkt sich nicht auf die eigenen vier Wände. Das Pfarrfest wird mit Kuchenspenden unterstützt und es herrscht ein reger Kontakt zur St.-Matthias-Bruderschaft Kaarst.
2013 beteiligte man sich an der Aktion "Lebendiger Adventskalender". "Das Haus war voll, und es war ein richtig rührender Abend. Das möchten wir in diesem Jahr gerne wiederholen", sagt Bänker. Aber jetzt wird erst mal Karneval gefeiert. Heute Abend lädt die St. Augustinus-Behindertenhilfe zur großen Party in die Stadthalle Neuss ein.
Quelle: NGZ

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