Freitag, 7. März 2014

Neuss Taschendiebe gehen immer dreister vor

In der Innenstadt hat die Zahl der Taschendiebstähle zugenommen. Die Polizei rät den Neussern, Fremden gegenüber misstrauisch zu sein. Von Hanna Koch
 
Eigentlich ist Gerhard Schmidt* immer vorsichtig. Viel Bargeld hat er nie dabei, wenn er in die Stadt zum Einkaufen fährt. Doch als er mit seiner Frau eine Reise nach Tunesien plante, warnte ihn das Reisebüro vor Kreditkartenbetrug in dem Land. Deswegen hob der 73-Jährige 1200 Euro bei seiner Neusser Bank ab – und wurde kurze Zeit später Opfer eines Taschendiebstahls. "Nie hätte ich gedacht, dass mir so etwas passieren könnte", sagt der rüstige Rentner. Wie ihm geht es vielen Neussern. Denn die Zahl der Taschendiebstähle in der Stadt nimmt zu.
"Wir müssen den Neussern eindringlich dazu raten, Fremden gegenüber misstrauischer zu sein", sagt Polizeisprecher Hans-Willi Arnold. Gab es 2012 nur 381 Fälle von Taschendiebstahl in Neuss, waren es im ersten Halbjahr des Vorjahres bereits 294 Taten. Zahlen für das Gesamtjahr legt die Polizei erst nächste Woche vor, laut Arnold ist aber eine Steigerung absehbar. "Die Täter nutzen oft die Gutgläubigkeit der Menschen aus", sagt Arnold. Insbesondere ältere Menschen, die besonders häufig von Diebstählen betroffen sind, falle es schwer, sich von Fremden einfach abzuwenden. "Schließlich sind sie so nicht erzogen worden", sagt der Polizist.
So erging es auch dem Diebstahl-Opfer Gerhard Schmidt. Zwar hatte er in den Briefumschlag mit den 1200 Euro sicher in seiner Innentasche verstaut, doch der Dieb wandte einen Trick an, um an das Geld zu kommen. "Ich bin nach der Bank zu einer Drogerie gegangen, um mich dort mit meiner Frau zu treffen", erzählt Schmidt. Im Eingangsbereich habe ihn plötzlich ein Fremder angesprochen. "Er erzählte mir, da sei ein weißer Fleck hinten auf meiner Jacke", erzählt der Rentner, der zu diesem Zeitpunkt nicht ahnte, dass er gerade einem Betrüger aufsaß. Nichtsahnend zog er seine Jacke aus, um den Fleck – den der Täter natürlich zuvor selbst aufgetragen hatte – zu begutachten.
"Und dabei bin ich so dumm gewesen, mir die Rückseite der Jacke so anzusehen, dass die Innentasche zum Täter zeigte", erzählt Schmidt, der heute weiß, wie leicht er es dem Dieb damit machte. Doch damals bemerkte er den Diebstahl nicht. Erst als er zu Hause nach dem Bargeld von der Bank schauen wollte, war es weg. "Ich habe sogar erst gedacht, ich hätte den Umschlag verloren, denn ich konnte gar nicht glauben, was mir passiert war", sagt er.

Ansprechpartner in solchen Fällen ist Kriminalhauptkommissar Heinz Hellwig. Der Experte für Opferschutz ist vor allem in der Prävention tätig. Denn die Täter zu schnappen, ist schwierig: Die Aufklärungsquote bei Taschendiebstählen liegt bei vier bis sechs Prozent. "Deswegen sollte man es den Tätern von vorneherein so schwer wie möglich machen", sagt Hellwig. Und das heißt: Brieftaschen stets eng am Körper tragen, und im Gedränge auf Wertsachen achten. Nie größere Mengen Bargeld bei sich tragen und nicht jedem vermeintlich freundlichen Fremden sofort vertrauen. "Denn das ist ein Fehler, den man später bereut", sagt Diebstahl-Opfer Gerhard Schmidt.
Hinweis * Name geändert
Quelle: NGZ

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