Donnerstag, 8. Mai 2014

Neuss 0 Die Unbestechlichen im Kampf gegen Korruption

Die Stadt Neuss hat ein eigenes Referat Antikorruption. Die Arbeit von Klaus Kokol und Ralf Kriesemer löst landesweit Aufmerksamkeit aus. Von Ludger Baten
 
Eliot Ness (Kevin Costner) und Jim Malone (Sean Connery) waren die Unbestechlichen, die als "The Untouchables" in Brian de Palmas gleichnamigen Film von 1987 den Mafia-Boss Al Capone für elf Jahre hinter Gitter brachten, nachdem sie den Austausch der bestochenen Geschworenen vor Gericht erzwungen hatten. Das Kino verlangt nach Helden. Im wahren Leben tragen die Unbestechlichen keine Waffe im Kampf gegen die Korruption - zumindest nicht im Neusser Rathaus. Klaus Kokol und Ralf Kriesemer setzen auf Prävention, ihre Methoden sind subtil, doch ihr Ziel ist klar: "Null Toleranz!"
Korruption behauptet sich wie eine Krake mitten in der Gesellschaft. Experten schätzen den jährlichen Schaden allein in Deutschland auf rund 250 Milliarden Euro. 98 Prozent der Taten bleiben unentdeckt. Auch das sagen Experten. In Neuss flog ein Fall im Gebäudemanagement auf. Das war 2011. Die Ermittlungen dauern an. Bürgermeister Herbert Napp reagierte, berief mit Klaus Kokol (60) und Ralf Kriesemer (51) ein Referat Antikorruption, das ihm direkt unterstellt ist. Für "The Untouchables" im Rathaus ist dieser "direkte Zugang zum Chef" sehr wichtig, sagt Klaus Kokol, "weil klar wird, dass der Bürgermeister es ernst meint mit null Toleranz!"
Kokol und Kriesemer sind inzwischen der Überzeugung, dass ihre Arbeit in der Antikorruption landesweit "einzigartig" ist. Der hohe Stellenwert, den das Thema im Neusser Rathaus genieße, habe sich herumgesprochen. Viele Anfragen aus anderen Städten erreichen die beiden Antikorruptionsbeauftragten, die vielfach zu Vorträgen eingeladen werden - auch vom Landeskriminalamt. "Wir sind in Neuss vergleichsweise weit", sagen Klaus Kokol und Ralf Kriesemer. Aber sind sie auch erfolgreich? Oder anders gefragt: Wie lässt sich bei einer angenommenen Dunkelziffer von 98 Prozent Erfolg messen?

Die Unbestechlichen wissen, dass sie an Grenzen stoßen. "Wenn ich in Akten lese, mit welcher Dreistigkeit in der Vergangenheit versucht wurde, Vorgesetzte und Kontrolleure hinters Licht zu führen", sagt Klaus Kokol, "dann bekomme ich heute noch schlechte Laune." Das Duo Kokol und Kriesemer wirkt nüchtern und rational. Kein Wunder. Klaus Kokol ist Jurist, leitet seit vielen Jahren das Rechtsamt in der Neusser Verwaltung. Zudem weiß er, wie (Kommunal-)Politiker denken. Er ist selbst einer; sitzt für die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Krefeld. Ralf Kriesemer kam als "Personaler" ins Antikorruptionsreferat.
Kokol gibt zu, dass die Beschäftigung mit dem Thema Korruption, ihn hat "misstrauisch" werden lassen. Grund: Im Alltag gebe es ein "Wahrnehmungsproblem" dafür, wo Korruption einsetzte. Eine Tasse Kaffee, ein Glas Wasser oder ein einfacher Imbiss sind zwar auch für Kokol und Kriesemer "sozial adäquate" Zeichen der Gastfreundschaft. Doch die Unbestechlichen halten lieber an ihrer Null-Toleranz-Linie fest, um eine Grauzone erst gar nicht entstehen zu lassen.
So versuchen die beiden Antikorruptionsbeauftragten, die Kollegen präventiv zu sensibilisieren: "Letztlich geht es um ethische Fragen: Für welche Werte stehen wir als Verwaltung?" Ein Ethik-Programm soll demnächst Antworten geben.
Quelle: NGZ

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