Donnerstag, 1. Mai 2014

Kaarst 0 "Martinsklause": Seit 50 Jahren ohne Ruhetag

Am 15. Mai feiert Wirtin Annemarie Schumacher den Geburtstag ihrer Kult-Kneipe. Die Stadt hat mit dem Grundstück Pläne. Von Stefan Reinelt
Kaarst Zur Jubiläumsparty gibt es in der "Martinsklause" wieder den berühmten Kartoffelsalat mit Bockwurst. Dafür war die Gaststätte viele Jahre im Ort bekannt, bis sie 1982 die Küche schloss und sich allein auf den Kneipenbetrieb konzentrierte. Aber zum 50. Geburtstag werden Wirtin Annemarie Schumacher und ihre Schwester Marlene Weyerstraß am 15. Mai ihren Gästen diesen traditionellen Leckerbissen noch einmal servieren.
Vieles in der Gaststätte ist so geblieben wie vor 50 Jahren, als ihr Vater Anton Wawrzyniak das Haus an der Alten Heerstraße baute. Die Theke ist ebenso ein halbes Jahrhundert alt, der Stuck an der Wand und die Holzverkleidung der Heizung sorgen damals wie heute für den Charakter einer urigen Kneipe. "Früher war hier rundherum fast nichts, es führte nicht einmal eine befestigte Straße vorbei", sagt Annemarie Schumacher. Ihr Vater habe damals aus einer Laune heraus die Gastwirtschaft eröffnet, ein Jahr später stieg Mutter Wilhelmine mit ein und sollte daraufhin die "Martinsklause" besonders prägen.
Bis 1974 blieb sie in Familienbesitz, wurde dann verkauft und an die alten Eigentümer wieder verpachtet. Heute gehört das Grundstück der Stadt Kaarst, die mittelfristig andere Pläne damit, was bedeutet, dass die "Martinsklause" irgendwann auch abgerissen wird. "Die Bagger stehen schon seit 30 Jahren bei uns vor der Tür", sagt Annemarie Schumacher. "Ich mache hier noch so lange weiter bis die Stadt dann auch wirklich ihren Anspruch stellt", so die 74 Jahre alte Wirtin.

In 50 Jahren hat es bisher nie einen Ruhetag gegeben. Inzwischen spielt sich der Kneipenbetrieb hauptsächlich rund um die Theke ab. Es wird geknobelt, geschockt, Skat gespielt - und mit meist kräftiger und lauter Stimme heiß diskutiert. Lieblingsthema Nummer eins ist Fußball, denn Annemarie Schumacher ist Fan von Bayern München. Wird wieder eine Meisterschaft gefeiert, gibt es auch mal Freibier. "In einer Saison habe ich versprochen, für jedes Tor von Karl-Heinz Rummenigge eine Runde zu spendieren. In dem Jahr hat er 29 Tore geschossen", erzählt sie. Beim Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 wurden sogar 75 Liter Altbier und 50 Liter Pils spendiert, das gemeinsame Schauen der Sportschau im Fernsehen war ein Samstagsritual.
In den 1960er und 1970er Jahren feierte die "Martinsklause" auch viele Partys: Erntedankfest, Silvester, Ostern mit Eierschießen und Krönungen diverser Schützenzüge. Der Hausball fand immer acht Tage vor Karneval statt, bei der Tombola gab es ein lebendiges Schwein zu gewinnen. In der Nacht von Schützenfestdienstag zog vor der Gaststätte die Damenparade vorbei, als Tambourstab wurde ein Pariser Brot geschwungen. "Die Parade war so bekannt, dass die Leute dafür aus dem Zelt zu uns kamen. Die Straße war dann immer voll", erinnert sich Annemarie Schumacher.
Quelle: NGZ

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