Donnerstag, 22. Mai 2014

Neuss Kneipe beschäftigt eine ganze Großfamilie

Nach fast 50 Jahren geben Hannelore und Peter Lützenrath ihr Lokal ab. Es war der Mittelpunkt ihrer Großfamilie, denn unter einem Dach leben die Wirte mit Sohn und drei Geschwistern zusammen. Den Partyservice führt der Sohn weiter. Von Christoph Kleinau
Zum Essen setzen konnte sich Hannelore Lützenrath in den vergangenen 50 Jahren nur, wenn sie mal Urlaub hatte. In ihrem Alltag nämlich war die 72-Jährige immer auf dem Sprung, eingespannt in Gaststätte, Imbiss und Partyservice und für ihre Gäste auf den Beinen. Ab Sonntag kann sie es etwas ruhiger angehen lassen, denn am Samstag öffnen sie und Ehemann Peter (73) nach fast 50 Jahren zum letzten Mal ihr "Haus Lützenrath" an der Viersener Straße.
Gaststätte und Imbiss sind der Mittelpunkt der Großfamilie, die das Mehrfamilienhaus darüber fest in ihrer Hand hat. Fünf Familienmitglieder, fünf Familien, fünf Mietparteien - und alle feiern nicht nur ganz selbstverständlich Familienfeste wie Weihnachten zusammen, sondern alle hatten oder haben irgendwie auch mit dem Lokal zu tun.
1959 wurde Familie Delmes - so ist der Mädchenname von Hannelore Lützenrath - auf der Furth heimisch. Hermann und Elfriede Delmes erwarben das Haus, in dessen Geschäftsräumen erst ein Radiohändler sein Glück versuchte und danach zwei Gaststättenpächter. Die hielten sich jeweils kaum länger als ein Jahr, und so hatte Opa Hermann offensichtlich eine dauerhaftere Lösung vor Augen, als er Tochter Hannelore, die an der Preußentankstelle gegenüber Tankwartin gelernt hatte, und Schwiegersohn Peter, ein gelernter Schmied und Schlosser, das Lokal antrug. Das wurde 1971, als der Kosmetik-Großhandel "Seifen Hanf" gleich nebenan aus Altersgründen aufgegeben wurde, um den Imbiss erweitert.
Im September 1964 übernahmen Peter und Hannelore Lützenrath zunächst das Lokal und nannten es "Rote Laterne". Walfried Bähr, der die Zigratten lieferte, die Peter Lützenrath aus einem Schränkchen hinter dem Tresen verkaufte, hatte den Vorschlag mitgebracht. Damals war die "Rote Laterne" eines von mehreren Lokalen in Neuss, die Laterne im Namen trugen. Deshalb - und weil "Rote Laterne" ein bisschen nach Schlusslicht und ein bisschen anstößig klingt - wurde der Name in "Haus Lützenrath" abgewandelt. So soll das Haus auch heißen, wenn vom 30. Mai an Angelika und Hans Grass Regie führen.

Die Willicher ziehen mit Übernahme des Lokals in die "Burg Lützenrath" an der Viersener Straße ein und werden sicher von der Großfamilie an die breite Brust gedrückt. "Wir unterstützen sie natürlich", sagt Sohn Thorsten, der wie sein Großvater Hermann Koch gelernt hat und den Partyservice und damit auch das Zelt, das zur Neusser Kirmes am Autohaus Timmermanns aufgeschlagen wird, weiterführen wird. Seine neue "Basis" wird eine leere Metzgerei ein paar Häuser weiter sein, die er sich gesichert hat.
Vater Peter kann dann seinem alten Lehrberuf hobbymäßig weiter nachgehen ("seine Werkstatt mit Schmiedefeuer und Amboss hat er noch", sagt sein Sohn), während Mutter Hannelore, die dienstälteste Neusser Wirtin, beim Sohn zumindest weiter aushelfen will.
Umgewöhnen muss sich Barney, der Hund von Kornelia ("Konni") Fries, der jüngsten Schwester der Wirtin. Seine letzte Runde endete immer bei Oma Hannelore, wo er sein Abendleckerli bekam. Ändern wird sich auch der Wochenrhythmus von Konni Fries und Elfriede ("Elfi") Belz, der dritten Schwester unter dem gleichen Dach, wo - natürlich - auch Bruder Hans, gelegentlicher Helfer in der Wirtschaft, mit Familie lebt. Für sie gehörte zum Mittwochsritual, wenn die große Schwester Hannelore eigentlich Ruhetag hatte, die Großeinkäufe für das Lokal zu erledigen.
Quelle: NGZ

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