Dienstag, 1. April 2014

Neuss Wie Cyber-Spione Unternehmen schaden

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen warnt Unternehmen vor Internet-Angriffen: Ausländische Geheimdienste und Konkurrenten seien auf der Jagd nach Betriebsgeheimnissen wie Forschungs- oder Kundendaten. Von Frank Kirschstein
 
Deutscher Erfindergeist ist weltweit gefragt – und das nicht nur bei zahlenden Kunden: Immer mehr ausländische Nachrichtendienste und Konkurrenten investieren lieber in Spionage als in legale Geschäftsbeziehungen. Bereits die Hälfte aller deutschen Unternehmen soll von Wirtschaftsspionage betroffen sein. Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, verband den Hinweis auf das Ergebnis aktueller Studien gestern bei der Diskussionsveranstaltung "Klartext" in Neuss mit dem dringenden Rat, die "Kronjuwelen" in Unternehmen sicher zu verwahren.
Vor allem chinesische und russische Nachrichtendienste seien, so Maaßen, mit regelrechten "Einkaufslisten" unterwegs, um weltweit einzusammeln, was der eigenen Wirtschaft nützen könnte. Immer häufiger versuchten sich Angreifer über das Internet Zugang zu geheimen Daten zu verschaffen. "Großkonzerne sind in der Regel bereits auf Cyberangriffe vorbereitet. Kleinere und mittlere Unternehmen haben noch Nachholbedarf", sagte der Chef des Verfassungsschutzes vor über 300 Wirtschaftsvertretern, die einer Einladung der IHK Mittlerer Niederrhein, der Sparkasse Neuss und der Unternehmerschaft Niederrhein gefolgt waren. Die Affäre um den US-Abhördienst NSA und dessen ehemaligen Mitarbeiter Edward Snowden sei für viele Firmen ein Weckruf gewesen. Dennoch dürfte sich Spionageabwehr nicht allein auf Datennetze beschränken. "Menschliche Quellen spielen für Nachrichtendienste nach wie vor eine große Rolle", sagte Maaßen.
Millionen von Internet–Benutzerdaten gestohlen: Was tun?
Auch Edward Snowden, der das Abhören von Bundeskanzlerin Angela Merkel öffentlich machte, sei letztlich nur ein "klassischer Innentäter". Behörden wie Unternehmen drohe besonders großer Schaden, wenn eigene Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Motiven Geheimnisse verraten. Nachrichtendienste würden gezielt nach Informanten suchen und mit Geld oder neuen Jobs locken. China sei auf diesem Gebiet besonders aktiv.

Maaßen verweist auf das Beispiel eines deutschen Spezialisten für Windenergie: Ein nach einer Versetzung unzufriedener Mitarbeiter ließ sich bestechen und gab Software weiter. Wenig später tauchten Kopien in China auf und das deutsche Unternehmen war seine Kunden los – ein enormer wirtschaftlicher Schaden. Im Gespräch mit Michael Bröcker, Chefredakteur unserer Zeitung, gab Maaßen den Unternehmern Tipps, um Spionen das Leben schwer zu machen. Wer vertrauliche Daten – etwa Forschungsergebnisse – schützen wolle, komme um ein abgeschottetes, internes Datennetz ohne jede Verbindung zum Internet nicht herum. Zudem müsse Personal sehr sorgfältig ausgewählt werden. Und: "Auch ein Administrator muss nicht alles wissen und braucht keinen Zugang zu allen Daten."
Der Verfassungsschutz-Chef fordert die Firmen zu enger Zusammenarbeit auf. Nur wenn Angriffe durch Wirtschaftsspione gemeldet würden, habe sein Amt die Chance, effektive Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Anders als Polizei und Staatsanwaltschaft behandele das Bundesamt für Verfassungsschutz solche Informationen auf Wunsch vertraulich. Viele Unternehmen würden Spionageangriffe aus Sorge vor ungewollter Publicity verheimlichen. Auch der Gebrauch von abhörsicheren Handys oder Initiativen für ein deutsches Internet könnten gegen Cyberspione helfen – vorausgesetzt, es siege nicht doch wieder die Bequemlichkeit: "Wer Brisantes als E-Mail verschickt, schreibt es auf eine Postkarte."
Quelle: NGZ

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