Samstag, 1. März 2014

Neuss Neusser Berufsbildungswerk ist pleite

Eigentlich hatte die Stadt im vergangenen Jahr verkündet, das Berufsbildungswerk BBW werde für einen Euro an die Kreishandwerkerschaft verkauft. Doch der Deal ist geplatzt. Jetzt steckt das Bildungszentrum in der Insolvenz. Von Hanna Koch
 
Jugendliche ohne Lehrstelle, die Hilfe beim Übergang in eine reguläre Ausbildung brauchen, werden ab diesem Jahr auf eine Anlaufstelle verzichten müssen: Das Neusser Berufsbildungswerk BBW hat Insolvenz angemeldet. Und das obwohl die Stadt noch im vergangenen Dezember die Rettung der Einrichtung verkündet hatte.
"Bei näherem Hinsehen hat sich gezeigt, dass das Bildungswerk nicht mehr wirtschaftlich zu führen ist", sagt Bürgermeister Herbert Napp. Auf den ersten Blick war das noch anders gewesen: Im Dezember hatte die Neusser Verwaltung angekündigt, das "Gemeinschaftswerk zur Förderung der Gewerblich-Technischen Berufsbildung zu Neuss" bei dem sie alleiniger Gesellschafter ist, für den symbolischen Betrag von einem Euro an die Kreishandwerkerschaft abzugeben.
Denn schon zu diesem Zeitpunkt war absehbar, dass die Einrichtung Verluste machte. Paul Neukirchen, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, war damals noch optimistisch – bis die Experten seines Hauses die Bilanzen prüften. "Da wurde uns klar, dass vom Stammkapital gar nichts mehr übrig war, es praktisch nichts zu übernehmen gab", erzählt er heute.
Eigentlich hatten die Handwerker geplant, das BBW an das "Bildungszentrum Niederrhein" anzugliedern, mit dem sich die Kreishandwerkerschaft bereits in der Nachwuchs-Qualifizierung engagiert. "Ein unternehmerisches Risiko können wir jedoch nicht eingehen, das kann ich gegenüber unseren Mitgliedern nicht verantworten", sagt Neukirchen. Bürgermeister Napp gibt sich zerknirscht: "Selbst ein Euro war ein zu hoher Preis", sagt er heute. Inwiefern das schon letztes Jahr abzusehen gewesen wäre, darüber kann der nun eingesetzte Insolvenzverwalter Stephan Kunz von der Kanzlei "Kreplin & Partner" keine Einschätzung abgeben.

Er hat die Bilanzen des Bildungswerkes, das 22 Mitarbeiter beschäftigt, bereits analysiert. Demnach ist die Einrichtung nicht überschuldet. Allerdings habe die Zahlungsunfähigkeit gedroht, da sich in diesem Jahr die Förderbedingungen der Arbeitsagentur und des Landes geändert haben. "Damit sind wichtige Zuschüsse weggebrochen, die nicht kompensiert werden konnten", sagt Kunz. Daher wurde die Insolvenz angemeldet.
Eine Rettung des Bildungswerks ist nicht geplant, Kunz übernimmt derzeit die Abwicklung des Unternehmens, das seinen Schülern etwa in Werkstattjahren Praxiswissen vermittelte, um sie auf eine Ausbildung vorzubereiten. Der Insolvenzverwalter ist derzeit damit beschäftigt, eine sozialverträgliche Lösung für die Mitarbeiter zu finden. "Einer der 22 Beschäftigten war von der Stadt ausgeliehen, er kann wieder zurückwechseln", sagt Kunz. Für die restlichen 21 Mitarbeiter verhandelt er mit dem Kolping-Bildungswerk, der Kreishandwerkerschaft und der Arbeitsagentur. Ihre Gehälter beziehen die Angestellten über das Insolvenzgeld weiter.
Abgewickelt werden soll die Bildungseinrichtung spätestens bis zum Sommer, dann laufen dort die letzten Kurse aus. "Auf die aktuellen Schüler hat die Insolvenz keine Auswirkungen", sagt Kunz, der allerdings daran arbeitet, dass einzelne Kurse von anderen Trägern übernommen werden, um das Auslaufen der Einrichtung zu beschleunigen.
Quelle: NGZ

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