Venedig,
die Insel Reichenau und Trietenbroich – alle haben den Heiligen Markus
als Schutzpatron. Doch die Trietenbroicher weihten ihre Wegekapelle
nicht ihm, sondern der Mutter Gottes.
Von Marion Lisken-Pruss
Unbeirrt thront die Statue des Heiligen Markus über
dem Portal der Wegekapelle Am Trietenbroich in Korschenbroich. Der
Evangelist wird bei Unwettern angerufen, bei Blitz, Hagel und jähem Tod.
Darüber hinaus bitten ihn die Gläubigen um gutes Wetter und eine gute
Ernte. Das war wichtig in einer ländlichen Honschaft wie Trietenbroich.
Doch die Statue des Schutzpatrons sorgt auch für Verwechslungen: weil
die Wegekapelle immer wieder als Markuskapelle bezeichnet wird. "Dabei
haben die Bewohner von Trietenbroich die Kapelle zu Ehren der Mutter
Gottes erbaut", betont Heinrich Siemons.
Der Vorsitzende des Kapellenvereins kümmert sich
gemeinsam mit Bruno Schnierda und Pejo Stefes um Pflege und Erhalt des
historischen Baudenkmals. Dessen Entstehungsgeschichte ist in einer
Urkunde aus dem Jahre 1876 dokumentiert: Dort heißt es, dass die Kapelle
"der Mutter Gottes, unserer lieben Frau von der immerwährenden Hilfe,
gewidmet werden sollte". Vom Heiligen Markus kein Wort. Mehr noch: Über
dem Altar hängt eine Kopie des berühmten Gnadenbildes "Unserer Lieben
Frau von der immerwährenden Hilfe". "Noch ein Beleg dafür, dass es sich
um eine Marienkapelle handelt", so Stefes.
Als die Bewohner Trietenbroichs 1876 beschlossen,
eine Kapelle zu errichten, konnten sie den Bau-grund von Peter Matthias
Peters und Heinrich Kremer erwerben. Diese wiederum stellten den
Verkaufserlös für den Bau der Kapelle zur Verfügung. Auch die übrigen
Trietenbroicher zeigten sich großzügig, so dass die Kapelle binnen eines
Jahres geplant und fertiggestellt werden konnte. Ihre Nutzung haben sie
in obiger Urkunde geregelt und "für immer festgesetzt": Wann die
Totenandacht zu halten, die Glocke zu läuten und der Rosenkranz zu beten
sei.
Aber das Verhalten der Kirchgänger hat sich im Laufe
der Jahrzehnte stark gewandelt. Darauf hat der Kapellenverein reagiert:
Er lädt die Gläubigen heute zu Mai-Andachten in die Kapelle ein und
richtet am ersten Sonntag im Juli das Kapellenfest aus, das mit einer
feierlichen Messe beginnt und mit einem gemütlichen Beisammensein
ausklingt. "Dann kommen die Besucher aus ganz Korschenbroich", erzählt
Heinrich Siemons. Fast wie früher: Zeitzeugen berichten in der Chronik
anlässlich ihrer Hundertjahrfeier, dass die Kapelle vor dem Ersten
Weltkrieg eine große Anzie-hungskraft ausgeübt habe: Die Gläubigen seien
aus dem Korschenbroicher Dorf, aus Neersbroich, Giesenkirchen und
Schelsen zur Andacht geströmt; und zwar so zahlreich, dass sie noch "im
be-nachbarten Baumgarten" gestanden hätten. 1985 wurde die einschiffige
Backsteinkapelle mit dreiseitiger Apsis zum Denkmal erhoben, vor rund 20
Jahren wurde sie zuletzt renoviert.
An einem Ritual aber, das die Trietenbroicher in der
Urkunde von 1876 auch "für immer" festgeschrieben haben, hält der
Kapellenverein eisern fest: Jeden Samstag zündet ein Mitglied in der
Kapelle eine Kerze an: zu Ehren der Gottesmutter.
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