Die
"unterschwellige Feindlichkeit kontra Türken und den Islam", die bei der
Halbmond-Debatte am Freitagabend im Kardinal-Bea-Haus herrschte,
kritisiert der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Heinz Günther Hüsch.
"Trotzdem finde ich gut, dass der Abend stattgefunden hat", erklärt er.
"Denn die Diskussion um die christlichen Werte in der CDU ist schon
lange fällig." CDU-Ratsherr Sebastian Rosen hatte zu der Veranstaltung
eingeladen, nachdem CDU-Kandidat Yasar Calik auf rund 200 Taschen, die
er als Wahl-Werbegeschenke verteilte, einen Halbmond ins C des
CDU-Parteilogos hatte drucken lassen - laut Calik ein Versehen einer
türkischen Druckerei. Rund 150 Zuhörer folgten der Einladung ins
Kardinal-Bea-Haus.Von Susanne Genath
Laut Hüsch war es wichtig, diesen Fehler öffentlich
aufzudecken und zurückzuweisen. "Aber 200 Tragetaschen erschüttern doch
nicht die CDU", ist er überzeugt. "Sie können auch nicht 60 Jahre
CDU-Geschichte in Neuss in Zweifel ziehen." Den Vortrag des Historikers
und Ufo-Forschers Michael Hesemann fand Hüsch "interessant, aber nicht
hilfreich", zumal Hesemann den unerfahrenen CDU-Kandidaten Calik
unablässig verurteilt habe. Unter anderem stellte Hesemann die Frage, ob
"ein Mensch, der nicht für eigene Fehler einstehen kann, für eine
Partei tragbar" sei. "Eine ausführliche Betrachtung der Geschichte des
Islams löst nicht die aktuellen Probleme unseres Jahrhunderts", sagt
Hüsch. "Wir müssen vielmehr diskutieren, warum und wie wir muslimische
Wähler für die CDU gewinnen sollten."
Auch Pastor Wilfried Korfmacher missfiel es an dem
Abend, "dass immer wieder die Sünden der Vergangenheit" hervorgeholt
worden seien. Dennoch hält auch er eine Debatte über die christlichen
Werte in der CDU für überfällig. "Man darf diese Werte nicht um der
Macht willen verstecken", sagt er. "Das ist natürlich ein Zwiespalt für
eine Partei, die gewählt werden will." Eine Furcht vor Ausländern und
vor dem Islam sei aber fehl am Platze. "Wer das Christentum überzeugt
lebt, braucht keine Angst vor anderen Religionen zu haben", erklärt der
Geistliche. "Denn mit dem Evangelium ist keine Machtausübung verbunden.
Das Reich der Christen ist nicht von dieser Welt."
Wegen einer
wilden Verfolgungsjagd quer durch die Neusser Innenstadt muss sich
morgen ein 20-jähriger Mann aus Rosellen vor dem Neusser Amtsgericht
verantworten. Der Angeklagte soll im November letzten Jahres mit seinem
Motorrad mit stark überhöhter Geschwindigkeit auf der Flucht vor der
Polizei durch Neuss gerast sein. Die Beamten im Streifenwagen verloren
den mutmaßlichen Motorradrowdy am Hermannsplatz zwar aus den Augen,
konnten ihn aber dennoch ermitteln.
Laut Anklage war er am 9. November vergangenen Jahres
spätnachmittags gegen 17 Uhr gemeinsam mit einem befreundeten
Motorradfahrer in Neuss unterwegs. Auf der Hammer Landstraße fiel das
Duo der Polizei auf. Beide rasten an der Hessentor-Kreuzung laut
Ermittlungen bei "Rot" in Richtung Markt. Der Streifenwagen nahm die
Verfolgung auf, konnte aber nur mit Mühe an den beiden dranbleiben. Zwei
weitere Kreuzungen am Hauptbahnhof und an der Kaiser-Friedrich-Straße
sollen die Motorradfahrer ebenfalls bei "Rot" überquert haben. Nach
Angaben von Zeugen konnte sich dabei ein Fußgänger gerade noch durch
einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen, auch ein Autofahrer konnte
angeblich nur mit höchster Mühe ein Unfall vermeiden. Bei seiner Flucht
vor der Polizei soll der Angeklagte mit bis zu 100 Stundenkilometern
unterwegs gewesen sein.
Sein Kennzeichen hatte die Polizei nicht erkennen
können, wohl aber das seines Freundes. Ihn suchten die Ermittler
anschließend zu Hause auf. Nach kurzem Leugnen räumte er ein, an der
"Fahrt" durch Neuss beteiligt gewesen zu sein, und benannte auch den
Namen seines Bekannten. Danach fuhr die Polizei zu dem 20-Jährigen aus
Rosellen, nahm ihm den Führerschein ab und erstattete Anzeige wegen
vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Der junge Rosellener hat
sich bis heute zu den Vorwürfen nicht geäußert.
Am morgigen Dienstag wird ihm der Prozess gemacht.
Sollten sich die Vorwürfe als wahr herausstellen, muss er mit einer
empfindlichen Strafe rechnen. Für den Prozess hat Richter Heiner Cöllen
einen Verhandlungstag angesetzt. Beginn ist um 13 Uhr.
Sachschaden,
aber keine Verletzten, das ist die Bilanz eines Feuerwehreinsatzes
gestern Mittag in einem Mehrfamilienhaus an der Friedrichstraße. Um
11.14 Uhr war der Alarm bei der Feuerwehr eingegangen.
Als die Retter eintrafen, drang dichter Rauch aus der
Küche einer Wohnung in der zweiten Etage. Unter
Atemschutz drang die
Feuerwehr in das Haus vor. Ein zweiter Trupp löschte von außen. So
konnte ein Übergreifen des Brandes auf Nachbarhäuser vermieden werden.
Zur Brandursache gibt es noch keine Erkenntnisse. Die Polizei ermittelt.
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Die vier
Kardinaltugenden werden in den nächsten vier Jahren Thema im Rheinischen
Landestheater sein. Los geht es im neuen Programm mit der Weisheit. Es
wurde gestern im Studio an der Oberstraße präsentiert.Von Jascha Huschauer
Durch Nebel und grünes Licht kommen sie auf die Bühne.
Schwarz gekleidet, mit Sonnenbrille - alles ganz geheimnissvoll.
Schließlich sind sie noch unbekannt und sollen in den kommenden vier
Jahren erkundet werden. Vier Schauspieler sind es. Sie verkörpern die
vier Kardinaltugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung.
An ihnen orientiert sich das Programm des Rheinischen Landestheaters
(RLT) in den kommenden vier Spielzeiten. Gestern standen sie gemeinsam
auf der Bühne, als das Programm für die Spielzeit 2014/15 in einer
öffentlichen Show vorgestellt wurde.
"Jeder wird durch sein bisheriges Leben und seine
Umwelt in ein Gefängnis gepresst", sagen die vier, gespielt von Linda
Riebau, Andre Felgenhauer, Ulrike Knobloch und Rainer Scharenberg. Um
daraus auszubrechen, müsse man sich mit ihnen auseinandersetzen.
Zuerst tritt die Weisheit vor. "Auf mich werden wir
uns zuerst konzentrieren", sagt sie. Denn das Programm für 2014/15 wird
ganz auf die Weisheit zugeschnitten sein. Im Programmheft wird die
Weisheit übrigens immer mit einem "Hashtag" (#) versehen, das in
sozialen Netzwerken wie Twitter zur Verschlagwortung dient. "Tugenden
erwachsen aus einer inneren Haltung, sie setzen einen klaren, wachen
Blick auf die Welt und auf sich selbst voraus", schreibt Intendantin
Bettina Jahnke im Programmheft. Wegen einer Zugverspätung konnte sie
gestern nicht das Grußwort halten.
Gekommen sind rund 100 Gäste, um schon mal in das ein
oder andere Stück hineinzuschnuppern. Etwa Hans-Rainer Willmen und
Claudia Schmitz vom Kunstverein Grevenbroich. "Wir stellen für unsere
Mitglieder immer ein kleines Abo für das Rheinische Landestheater
zusammen", erklärt Schmitz. Da wollen sie natürlich die besten Stücke
aussuchen. "Es hilft bei der Entscheidungsfindung, wenn man schon mal
Ausschnitte zu sehen bekommt", erklärt Willmen.
Szenen aus sieben Stücken werden bei der Präsentation
zu einer Collage verwoben. Etwa aus der Komödie "Pension Schöller".
Egon, der Neffe des Pensionsbesitzers, berichtet von seinem Plan,
Schauspieler zu werden. Für ihn kein Problem, für den Zuschauer aber
äußerst komisch: Egon spricht statt eines "n" immer ein "l". So zitiert
er leidenschaftlich aus "Schinners Wannenstein" oder aus "Romeo und
Junia".
Nachdenklicher stimmt "Das Himbeerreich". Es dreht
sich um die Welt der Finanzmärkte und ihre Akteure. Es ist das Stück zur
Finanzkrise. Andreas Veiel hat es auf Grundlage von 1400
Interviewseiten mit 25 Bankern geschrieben. Musikalisch wird es bei "Für
mich soll's rote Rosen regnen" und "Das Appartement", düster bei "Das
Ende des Regens" und lustig mit den Komödien "Die Macht der Gewohnheit"
und "Der Revisor". Das komplette Programm gibt es als Heft und im
Internet unter: www.rlt-neuss.de
Solaranlagen
lohnen sich nicht mehr, seitdem es für die erzeugte Energie nur noch
wenig Geld gibt. Das Interesse an Windkraft ist groß.Von Susanne Genath
Sechs bis acht Prozent Rendite wirft die Solaranlage
ab, die seit dem Jahr 2008 auf dem Dach der Realschule in Holzheim
Sonnenenergie in Strom umwandelt - Sparbuchinhaber können von einem
solchen Ertrag nur träumen. 41 Bürger hatten gemeinsam 146 000 Euro
aufgebracht, um die erste Bürgersolaranlage in Form einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR) für eine Dauer von 20 Jahren zu finanzieren.
Drei andere Bürgersolaranlagen auf den Dächern Neusser Schulen folgten.
Sie sind aber Auslaufmodelle.
"Heute würde man wohl keinen mehr finden, der sich an
einer neuen Bürgersolaranlage beteiligt", sagt Peter Hilgers,
Geschäftsführer der GbR Bürgersolaranlage Neuss. "Wir bekommen noch eine
Einspeisevergütung von 46,76 Cent pro Kilowattstunde. Bei neuen
Verträgen ist es weniger als die Hälfte." Dementspreche sei eine
Investition unattraktiv geworden. Dabei habe sich die Anlage auf der
Holzheimer Realschule durchaus bewährt. "Sie läuft störungsfrei",
berichtet Hilgers.
Die Gesellschafter der drei anderen Bürgersolaranlagen
auf den Dächern der Martin-Luther-/Kreuzschule, der St.-Peter-Schule
und des Nelly-Sachs-Gymnasiums sind ebenfalls zufrieden, auch angesichts
des Beitrags zur Energiewende. "Solarstrom erreicht seine
Höchstleistung gerade dann, wenn auch die tägliche Lastspitze anfällt -
zur Mittagszeit. Somit müssen weniger Spitzenlastkraftwerke zugeschaltet
werden", erklärt Ralf Resch, Geschäftsführer der Bürger-Solaranlagen
St.-Peter-Schule GbR und Nelly-Sachs-Gymnasium GbR. "Doch nun wird das
Erneuerbare-Energien-Gesetz reformiert - Bürgerbeteiligungen werden
dadurch erschwert, und die Energiewende auf dem Stromsektor dürfte
spürbar gebremst werden."
Etliche Neusser stehen in den
Startlöchern, um sich an einem Windrad in Hoisten zu beteiligen. Neue
Bürgersolaranlagen sind nicht mehr rentabel.FOTO: lber, dpa
Dass Photovoltaikanlagen nicht mehr so gefragt sind
wie noch vor einigen Jahren, kann die Westnetz GmbH, die das Neusser
Stromnetz von den Stadtwerken gepachtet hat, bestätigen. "Seit 2011 ist
die Zahl der Neuanschlüsse deutlich gesunken", berichtet Sprecher Jürgen
Esser. "Und zwar parallel mit der Absenkung der Einspeisevergütung."
Das sei nicht verwunderlich. "Wer weniger bekommt, ist weniger bereit zu
investieren."
Das Ende der Abwärtsentwicklung sei auch noch nicht
erreicht. Monatlich würden die Einspeisevergütungen für Neuverträge
jetzt sinken. "Im Mai erhält ein Privathaushalt für eine Anlage mit
einer Spitzenleistung von zehn Kilowatt-Peak nur noch 13,14 Cent pro
Kilowattstunde." Damit wolle die Bundesnetzagentur die Zahl der -
subventionierten - Photovoltaikanlagen eindämmen.
Bürgerschaftliches Engagement für die Umwelt ist damit
aber nicht beendet. Die Stadtwerke Neuss (SWN) planen, zwei Windräder
auf einem Feld in Hoisten zu errichten. An einer Anlage sollen sich
Bürger beteiligen können. "Seit wir unsere Überlegungen im Sommer 2012
der Öffentlichkeit vorgestellt haben, haben sich sehr viele
Interessenten gemeldet", berichtet SWN-Sprecher Jürgen Scheer.
"Allerdings werden wir das Beteiligungsverfahren erst starten, wenn die
erforderlichen Genehmigungen zum Bau und Betrieb der Anlagen vorliegen."
Derzeit befinde man sich noch im Genehmigungsverfahren nach dem
Bundesimmissionsschutzgesetz.
Vor 100
Jahren wurde der Neusser Ruderverein gegründet. Beim Jubiläumsfestakt
zeigte sich, dass der NRV mehr ist als ein Sportverein.Von Volker Koch
Woran misst man in Neuss die Bedeutung eines
Ereignisses oder einer Person? An ihrem Bezug zum Schützenfest
natürlich. Insofern nimmt der Neusser Ruderverein (NRV) eine
herausragende Stellung unter den 120 Sportvereinen in Neuss ein, gingen
doch zwischen 1927 und 2012 aus seinen Reihen 15 Schützenkönige hervor.
Doch das ist längst nicht das einzige, was den NRV so
besonders macht. "Der Ruderverein ist eine Neusser Institution", stellte
der stellvertretende Bürgermeister Thomas Nickel beim Jubiläumsfestakt
im voll besetzten Zeughaus unwidersprochen fest. Vor 100 Jahren, genau
am 21. April 1914, gegründet, gehört der NRV heute "zu den bedeutendsten
Vereinen des Deutschen Ruderverbandes", sagte dessen Vize-Präsident
Moritz Petri in seinem Grußwort. Ihn als Vorsitzenden der Deutschen
Ruderjugend freut besonders: "100 Jahre Neusser Ruderverein bedeuten 100
Jahre erfolgreiche Jugendarbeit." Bilder vom Jubiläum: Joachim Goetz begrüßt Festredner Monsignore Kleine.FOTO: Berns
Das kann Joachim Goetz nur bestätigen. Seit 18 Jahren
Vorsitzender des 600 Mitglieder starken Vereins, weiß er, dass "die
Bindung an die Familien - und das zum Teil über Generationen hinweg -
unsere besondere Stärke" ausmachen. Oder, wie es Wolfgang Kauffels, der
launig durch den ebenso launigen Festakt führte, auf den Punkt brachte:
"Das fröhliche familiäre Miteinander ist das Markenzeichen des NRV."
Wobei der Leistungsgedanke keineswegs zu kurz kommt,
was sich in der Chronik mit vier Olympiateilnehmern und zahlreichen
Meistertiteln niederschlägt. Drei der Olympiateilnehmer - Viktor Hendrix
(Rom 1960 mit dem verstorbenen Manfred Kluth), Hiltrud Döhmen (Montreal
1976 unter ihrem Mädchennamen Gürtler) und Anne Dickmann (1984 in Los
Angeles) - bereicherten den Festakt mit ihren Erinnerungen.
Weltrekordler Christoph StephanFOTO: Berns, Lothar (lber)
Doch Leistung beschränkt sich nicht aufs Sammeln von
Medaillen. "Der Sport gibt den Menschen die Gelegenheit, etwas leisten
zu können, ohne etwas leisten zu müssen", sagte Festredner Monsignore
Robert Kleine, der aus dem Dreikönigenviertel stammende Kölner Stadt-
und Domdechant. Und dachte dabei sicherlich auch an Christoph Stephan,
den "Weltrekordler" in Reihen des NRV, der in seinem Ruderleben bereits
550 000 Kilometer im Boot zurückgelegt hat. Kleine selbst bekannte: "Ich
habe nie gerudert, kenne den Ruderverein nur als Ort von tollen
Partys."
Eine solche feierten 400 Mitglieder und Gäste am
Samstagabend im Bootshaus am Sporthafen. Sparkassen-Vorstand Michael
Schmuck nutzte die Gelegenheit, um den neuen Achter zu taufen, mit dem
die Männercrew des NRV ab Ende Mai in der Zweiten Bundesliga auf
Punktejagd gehen will.
"Wir sind eben leistungsstark im Leistungs- wie im
Breitensport", sagt Joachim Goetz nicht ohne Stolz. Der Vorsitzende geht
mit gutem Beispiel voran, legte er im vergangenen Jahr selbst 1603
Ruderkilometer zurück - getreu seinem Motto: "Wir sitzen am Ende trotz
unserer ganzen Vielfalt doch alle in einem Boot."
Sören Aabye Kierkegaard
(5. 5. 1813 - 11. 11. 1855)
Theologe, Schriftsteller, Philosoph, "Der Begriff der Angst", "Die
Krankheit zum Tode", "Die Wiederholung", "Gottes Unveränderlichkeit",
"Der Augenblick" (Dänemark, 1813 - 1855).