Donnerstag, 27. März 2014

Grevenbroich 2 0 Sportvereinen geht der Nachwuchs aus

Bei der Hauptversammlung des Stadtsportverbandes wurde darüber diskutiert, wie die Vereine auch in Zukunft Nachwuchs gewinnen können. Das Ganztagsangebot in Schulen macht dabei ein Umdenken erforderlich. Von Sebastian Meurer
 
Für Winfried Schmitt war es "total frustrierend": Er gehe "ganz geknickt nach Hause", bekannte der Vorsitzende des TV Jahn Kapellen jetzt bei der Mitgliederversammlung des Stadtsportverbands (SSV). Der Grund: Achim Fischer vom Sportbund Rhein-Kreis Neuss hatte zuvor in provokant-pointierten Thesen das Verhältnis von Schul- und Vereinssport skizziert – und von den Vereinsvertretern ein für viele radikal anmutendes Umdenken gefordert. "Wenn wir das Vereinswesen erhalten wollen, kommen wir an den Schulen nicht vorbei. Wir müssen den Aufschlag machen."
Ob es nun um den Offenen Ganztag der Grundschulen, den verpflichtenden Ganztag an vielen weiterführenden Schulen oder den Lehrplan in Sachen Sport geht, die Elf- bis 17-Jährigen seien für den Vereinssport kaum noch zu gewinnen: Bei vielen Sportvereinen klafft schon seit längerem eine Lücke, die sich zunehmend vergrößert. Achim Fischer sprach von einer "überholten Mitgliederstruktur" in den Vereinen und warnte vor Illusionen. Fischer weiß, wovon er spricht: Der Leiter der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Neuss war als international renommierter Basketballtrainer tätig und kennt insofern beide Seiten der Medaille.
Die einzige Chance für die Vereine sieht er darin, offensiv in die Schulen zu gehen und das dortige Ganztagsangebot zu erweitern – und sei es mit Sportprogrammen in den Mittagspausen. Um Übungsleiter zu gewinnen und seitens der Schulen auch bezahlen zu können, lassen sich Achim Fischer zufolge de facto nicht besetzte, aber den Schulen zustehende Lehrerstellen "kapitalisieren". Zu beachten sei dabei, dass nicht professionelle Kooperationspartner der Schulen die Übungsleiter durch weit über den gängigen Pauschalen liegende Honorare abwerben.

Die Schulen könnten den Vereinen im Gegenzug auch ihre nie zu 100 Prozent ausgelasteten Hallen zur Verfügung stellen, beschrieb Fischer eine weitere Facette solcher Kooperationen. SSV-Chef Heinz-Peter Korte war jedoch nicht begeistert: "Wenn wir unsere Übungsleiter in die Schulen schicken, werden sie gut bezahlt, aber die Vereine haben überhaupt nichts davon." Mehr Mitglieder würden die Vereine durch eine verstärkte Kooperation jedenfalls nicht gewinnen, resümierte Korte die bisher gemachten Erfahrungen. Arbeiteten Schulen und Vereine nicht zusammen, "wird der Verein untergehen", lautet demgegenüber die düstere Einschätzung von Achim Fischer.
Auch wenn Vereine von finanziell klammen Kommunen wie Grevenbroich Sporthallen übernehmen sollten, säßen sie gegenüber den Schulen keineswegs am längeren Hebel. Im Fall von Engpässen bei den Schulen würden die Vereine dann schlicht angewiesen, ihre Hallen für den Sportunterricht zur Verfügung zu stellen. Was die Stadt- und Gemeinderäte angeht, forderte Fischer ein intensiveres Zusammenwirken von Schul- und Sportausschüssen. Seine pessimistische Prognose: Ändere sich nichts an der aktuellen Situation, werde auch die Talentförderung im Leistungssport massiv beeinträchtigt.
Quelle: NGZ

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