Steuerhinterzieher sind offenbar beunruhigt. Das Finanzamt Grevenbroich verzeichnet einen Anstieg von Selbstanzeigen.
Von Susanne Genath
Die fiktiven Ermittlungen von Schauspielerin Katja
Riemann als Neusser Steuerfahnderin hat Finanzamtsvorsteher Alexander
Hill gestern Abend mit großem Interesse im Fernsehen verfolgt. Denn
seitdem bekannt wurde, dass Fußballmanager Uli Hoeneß und
Frauenrechtlerin Alice Schwarzer in größerem Ausmaß Steuern hinterzogen
haben und das Land NRW zudem mehrere CDs mit Daten von Steuersündern
angekauft hat, haben auch die Selbstanzeigen aus Grevenbroich,
Korschenbroich, Dormagen, Jüchen und Rommerskirchen zugenommen. Genaue
Zahlen will Hill nicht nennen. Das Land NRW verzeichnet seit dem
Frühjahr 2010 aber nach eigenen Angaben 13 754 Selbstanzeigen mit Bezug
zur Schweiz, fast 1000 davon allein jetzt im Februar.
Heruntergebrochen auf die rund 110 Finanzämter in NRW
sind dies etwa zehn Fälle pro Amt und Monat. Wobei Finanzämter wie
Neuss, die Einwohner betuchter Kommunen wie Meerbusch mitverwalten,
naturgemäß mehr Fälle haben als Finanzämter, in deren Bereich sich keine
Reichenviertel befinden – wie eben das Amt in Grevenbroich. "Wir
verfolgen die Selbstanzeigen nicht selbst, sondern melden sie der
Steuerfahndung", erklärt Hill. Für die Staatskasse bedeutet dies nur ab
und zu einen Geldregen. Denn bei den Selbstanzeigen ist die Palette der
Steuersünden groß. "Manche Leute haben nicht so viel hinterzogen, andere
wiederum mehr", sagt der Vorsteher.
Etwa 75 000 Steuerpflichtige betreut das Finanzamt
Grevenbroich in der Region. Etwa 54 000 sind Arbeitnehmer, knapp 21 000
Selbstständige. Hinzu kommen rund 1200 Personengesellschaften (wie
Gesellschaften bürgerlichen Rechts, GbR) und 2400 Kapitalgesellschaften,
die meisten davon Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH).
"Größere Aktiengesellschaften haben wir nicht", sagt Hill. Unternehmen
wie Bayer oder RWE werden am Ort ihres Hauptsitzes fiskalisch verwaltet,
in diesen Fällen also Leverkusen und Essen.
Alexander Hill ist seit Sommer vergangenen Jahres in
der Schlossstadt. Zuvor hatte der 60-Jährige das Finanzamt in
Wuppertal-Barmen geleitet. "Ich wollte wieder näher an meinen Wohnort
Kaarst", berichtet der Vater von drei erwachsenen Kindern. Das
Grevenbroicher Amt sei mit seinen rund 240 Mitarbeitern größer als das
in Barmen. Das Haus für die Zukunft gut aufzustellen, sei die größte
Herausforderung. "Bislang kommen wir mit der Mitarbeiterzahl noch hin",
sagt er. "Aber es ist zu befürchten, dass Stellen von Beschäftigten, die
in Ruhestand gehen oder wegziehen, nicht wieder besetzt werden. Und
das, obwohl den Prognosen zufolge die Bevölkerungszahl im Rhein-Kreis
nicht abnimmt."
Die Kfz-Steuer (47,6 Millionen Euro pro Jahr) erhebt
das Amt seit Mitte Februar übrigens nicht mehr. "Die Zuständigkeit wurde
dem Hauptzollamt in Krefeld übertragen", berichtet Hill. Wer sich von
der Steuer ganz oder teilweise befreien lassen wolle, müsse sich nun
dorthin wenden.
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