Raphaelshaus in Dormagen 1 Scholten: "Bordell-Besuch zerstört unseren Ruf"
Nach dem
Stopp des Modellprojektes für junge Straftäter im Raphaelshaus blicken
die Mitarbeiter nach vorn: "Krise als Chance." Direktor Hans Scholten
kritisierte die Beendigung des Projektes gleichzeitig als nicht
abgestimmte "Ad-hoc-Entscheidung".Von Carina Wernig
Für das Raphaelshaus, seine Mitarbeiter und die
betreuten Kinder bedeutet der Wirbel um das Projekt einen großen
Imageschaden. "Durch die Verfehlung eines einzelnen Mitarbeiters, die
wir nicht verhindern konnten, wohl aber nach Bekanntwerden sofort den
zuständigen Stellen gemeldet haben, wird nun ein gutes Projekt einfach
auf Eis gelegt", sagte Direktor Hans Scholten. "Wir müssen die Krise als
Chance begreifen, zueinander zu stehen und auf unsere guten Erfahrungen
in der Jugendhilfe aufzubauen", sagte Scholten.
Justizminister Thomas Kutschaty hatte am Mittwoch das
Projekt "Jugendstrafvollzug in freien Formen" beendet, was Scholten als
nicht abgestimmte "Ad-hoc-Entscheidung" kritisierte. Das auf drei Jahre
angelegte Modellprojekt war vom Ministerium zur Halbzeit gestoppt
worden, nachdem Verfehlungen eines Sozialpädagogen bekanntgeworden
waren. Der seit einem Jahr im Raphaelshaus beschäftigte Mann soll drei
Straftätern (17 und 18 Jahre) an Weihnachten 2013 einen Bordellbesuch in
Düsseldorf ermöglicht haben, als sie laut Fahrtenbuch mit zwei weiteren
Teilnehmern der Horst-Wackerbarth-Gruppe auf einem Ausflug zum Aachener
Dom unterwegs waren. Ein Junge hatte eine Krankheit vorgetäuscht, um
einen Mitarbeiter zu binden, so dass der Pädagoge allein mit den anderen
wegfuhr.
Außerdem ist er mit den Jugendlichen an Silvester zwei
Stunden später als angegeben, erst um 4 Uhr, zurück im Haus gewesen,
was Überwachungskameras belegen. "Aufgrund dieser dienstrechtlichen
Vergehen haben wir die fristlose Kündigung eingeleitet, der der
Mitarbeiter durch seine eigene Kündigung zuvorgekommen ist", erklärte
Björn Hoff, Bereichsleiter für die Spezialgruppen. Strafanzeige ist
gestellt. Der "Lieblings-Betreuer" der Jugendlichen, der die Vorwürfe
bestreitet, hatte ihnen zuvor mehrmals ermöglicht, die strikte Nachtruhe
zu durchbrechen, um Karten zu spielen. Auch Alkohol und Zigaretten
sollen im Spiel gewesen sein. In dieses Bordell in Düsseldorf sollen
drei jugendliche Straftäter gegangen sein, als sie laut Fahrtenbuch auf
einem Ausflug zum Aachener Dom waren.Hüskes, Achim (achu)
"Ich bin nicht die Inquisition", erläuterte Scholten,
warum er den Sozialpädagogen trotzdem nicht verurteilt. "Das müssen
andere machen. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung." Trotzdem ist
Scholten tief enttäuscht von dem Vertrauensbruch des ehemaligen
Mitarbeiters, dem Übertretungen nachgewiesen werden konnten.
Wie es weitergeht, überlegt die Leitung gerade, noch
bestehen Verträge mit dem Justizministerium. Sieben Mitarbeiter sind
betroffen. "Aber ich wäre ein schlechter Chef, wenn ich nicht schon
Lösungen im Auge hätte", sagte Scholten, der Rückendeckung durch
Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann erhält: "In Dormagen haben wir das
Projekt ,Kein Kind zurücklassen', das gilt auch in schwierigen
Situationen. Das Projekt müsste weitergeführt werden." Im Raphaelshaus
werde sehr gute Arbeit geleistet.
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