Freitag, 7. Februar 2014

Dormagen Zwei Kantor-Kandidaten spielen vor

Zwei Bewerber hat die evangelische Kirchengemeinde am Mittwoch Abend in der Lukaskirche zur Entscheidungshilfe vorspielen lassen. Wir haben genau zugehört, als Christina Marx und Johannes Meyer an der Orgel saßen. Von Hansgeorg Marzinkowski
 
Die Nachfolge von Christian Stähr als Kantor der Dormagener Christuskirche befindet sich in einem heißen Stadium. Von fünf Bewerbungen waren jetzt zwei evangelische Kirchenmusiker zur künstlerischen Vorstellung nach Dormagen eingeladen worden und hatten jeweils 50 Minuten Zeit, vor öffentlichem Publikum und Entscheidungsfindern der evangelischen Kirche Dormagen ihr Können zu zeigen.
Dazu war ein dezidierter Aufgabenkatalog vorgegeben: Zunächst sollte mit der Gemeinde ein Kanon einstudiert werden. Das Orgelspiel umfasste sowohl ein frei gewähltes Werk von Johann Sebastian Bach und eines aus Romantik oder Neuzeit. Den Abschluss bildete jeweils eine Stunde Probenarbeit mit der Dormagener Kantorei.
Den Anfang machte Johannes Meyer, 1955 in Bayern geboren. Sein Studium der Schul- und Kirchenmusik absolvierte er in Lübeck (Orgel bei Knut Vadi und Hans Heinze). Zurzeit ist er Kreiskantor im Kirchenkreis Weimar und Kantor in Bad Berka (Thüringen). Mit den gut 50 Mitgliedern der Gemeinde, die ausgesprochen sicheren Gesang repräsentierten, hatte er schnell den Kanon "Dafür will ich Dir danke sagen" von Ludwig Edelkötter einstudiert. Aus Johann Sebastian Bachs Meisterwerk hatte er sich für "Präludium und Fuge c-Moll" (BWV 546) entschieden.

Seine Interpretation hatte etliche Ecken und Kanten. Nun fand die künstlerische Vorstellung in der Stürzelberger Lukaskirche statt, weil die Orgel in der Christuskirche zur Zeit um- und neugebaut wird. Die kleine Orgel mit ihren elf Registern für zwei Manuale und Pedal ist aber weder für große Bachwerke und erst recht nicht für romantische Musik geeignet. So gelang es Johannes Meyer zwangsläufig nicht, dem ersten Satz der "Sonate 3 in A-Dur" von Felix Mendelssohn Bartholdy die eigentlich nötige orchestrale Klangfarbe zu geben. In seinen Liedbegleitungen erwies er sich hingegen als sehr professionell und erfahren.
Christine Marx ist 1976 in Kaiserslautern geboren. Sie studierte in Heidelberg und Saarbrücken (Orgel: Wolfgang Rübsam) und ist zurzeit Kantorin in Neuwied/Rhein. Sie forderte die Besucher mit einem Kanon zum Lied "Denn die auf Gott hoffen", dessen Rhythmus erst mit tänzerischen Bewegungen und Klatschen genau wurde. Bei ihrer Bach-"Toccata und Fuge F-Dur" (BWV 540) spielte sie trotz schnell gewählten Tempos den großen Monolog im Pedal flüssig. Auch sie wählte aus einer Mendelssohn-Sonate (Nr. 4) den Finalsatz und gab ihr, indem sie alle Register zog, den größtmöglichen Glanz. Die Vorspiele zu ihren Liedbegleitungen hatte sie in feste Strukturen gekleidet: Eine tänzerische Ciacona mit der Choralmelodie im Pedal bereitet den Gemeindegesang vor, in einer Fantasie zu "Der Tag ist um" umspielt die Flöte im Oberwerk die mittelalterliche Melodie, und die Einleitung zu "Ich lobe meinen Gott", ein neues geistliches Lied des Düsseldorfer Kirchenmusikers Christoph Lehmann, regte sie zu jazziger Improvisation an. Am Abend hatten dann beide Kandidaten noch Chorarbeit mit der Dormagener Kantorei vor sich. Wohl nur in künstlerischen Berufen gibt es ein derart anstrengendes Bewerbungsverfahren.
Quelle: NGZ

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