Seit
zweieinhalb Jahren prüft die Staatsanwaltschaft Stuttgart, ob es bei der
Stadt Kaarst wettbewerbswidrige Absprachen bei Ausschreibungen in Bezug
auf Feuerwehrtechnik gegeben hat. Konkret geht es um Löschfahrzeuge.
Von Julia Hagenacker
Sie retten Leben, wie vergangenen Donnerstag bei einem
Wohnungsbrand in Vorst; sie bekämpfen Flammen, pumpen mit Wasser
vollgelaufene Keller aus, befreien Unfallopfer aus zertrümmerten
Autowracks – ehrenamtlich. Damit die Freiwillige Feuerwehr in Kaarst und
Büttgen arbeiten kann, braucht sie hochmoderne Technik, und dahinter
steckt offenbar ein lukratives Geschäft. Negativschlagzeilen
diesbezüglich haben in den vergangenen Jahren vor allem die Hersteller
von Einsatzfahrzeugen und Drehleitern gemacht. In beiden Bereichen gab
es Kartellabsprachen, die auch die Stadt Kaarst betreffen – in
unterschiedlicher Hinsicht.
Zum einen ist sie Geschädigte. Weil Kaarst im Jahr
2003 ein Drehleiterfahrzeug bei einem am Kartell beteiligten Hersteller
gekauft hat, steht ihr jetzt ein außergerichtlich ausgehandelter
Schadensersatz zu. Gegen insgesamt fünf Beschuldigte zweier Firmen hat
die Staatsanwaltschaft Stuttgart jetzt Anklage wegen
wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen erhoben. Die
beiden Unternehmen hatten den Drehleitermarkt zu 95 Prozent unter sich
aufgeteilt.
Nach wie vor strafrechtlich ermittelt, das bestätigte
gestern eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft, wird aber auch gegen
einen oder mehrere Mitarbeiter der Kaarster Stadtverwaltung – wegen
Bestechung und Bestechlichkeit in Bezug auf Ausschreibungen von
Feuerwehrlöschfahrzeugen, also Kartell Nummer zwei. Im August 2011 war
das Kaarster Rathaus eines von deutschlandweit 19 Objekten gewesen, die
in Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft
Stuttgart durchsucht wurden, im Nachgang eines
Ordnungswidrigkeitsverfahrens des Bundeskartellamts
.
Das Verfahren ist umfangreich und langwierig. Wegen
illegaler Preis- und Quotenabsprachen hatte das Kartellamt Anfang 2011
Millionen-Bußgelder gegen mehrere Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen
verhängt. Mit einem der Unternehmen stand auch die Stadt Kaarst in
geschäftlichen Kontakt. Unter anderem wurden dort zwei speziell auf die
Bedürfnisse der Kaarster Feuerwehr ausgerichtete Löschfahrzeuge für
jeweils rund 480 000 Euro geordert. Die Staatsanwaltschaft vermutet,
dass die seinerzeit am Kartell beteiligten Firmen Angestellten von
Städten und Kommunen Geld geboten haben könnten, um an Informationen zu
Ausschreibungen zu gelangen.
Der Verdacht lautet auf wettbewerbswidrige Absprachen
bei Ausschreibungen in Bezug auf Feuerwehrtechnik, Bestechung und
Bestechlichkeit. Unter anderem gab es Hinweise darauf, dass vertrauliche
Informationen zu Vergabeverfahren geflossen sind. Konkret ermittelt
wurde zunächst allerdings nicht gegen bestimmte Personen, sondern gegen
die Stadt im Allgemeinen.
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