Türger personifiziert die jüngere Unternehmens-Geschichte der Neusser Eisenbahn wie kein zweiter. Als er 1993 vom "großen Bruder" Bundesbahn kam, rangierten deren Lokomotiven noch im Namen und Auftrag der Städtischen Hafenbetriebe, war sein Chef noch ein Amtsleiter. Er erlebte als Leiter des Eisenbahnverkehrsunternehmens 2004 die Fusion der Häfen Neuss und Düsseldorf mit und blieb auf seinem Posten, als die Neusser Eisenbahn 2012 mit der Kölner Konkurrenz verschmolz und zu "Rhein-Cargo" wurde. Und jeder Wechsel brachte einen enormen Entwicklungsschub für "sein" Unternehmen. "Die Entwicklung verlief stürmischer als beim Schiffsverkehr", bilanziert Hafendirektor Rainer Schäfer – und der wies seit 2004 jedes Jahr zweistellige Zuwachsraten auf.
Die Diesel sind warm, und Thomas Schroers hat vom Stellwerk aus die Hubbrücke über den Erftkanal am Hafenbecken IV abgesenkt. Eingeweiht wissen: Jetzt wird Geld verdient. Denn viele Züge, die ab dem Tarifpunkt Neuss-Hessentor auf große Fahrt gehen, wurden mit Gütern aus dem Hafen beladen. Und alle Waggons, die unter der Düsseldorfer Straße hindurch ins 80 Kilometer lange Schienennetz der Häfen geschoben werden, erwartet dort ein Kunde – und sei es nur, um die Ware am Güterterminal auf einen Lastwagen oder ein Binnenschiff umzuladen.
Der einspurige Durchschlupf ist das eine Nadelöhr, die Hubbrücke das andere. Und weil es störanfällig sein kann, ist das Notgleis entlang der Batteriestraße bis zum Wendersplatz unersetzlich. Das wird inzwischen aber auch als Abstellgleis benutzt, denn viele der Züge sind länger, als die Betriebsgleise der Firmen, für die sie bestimmt sind. Sie werden im Übergabebahnhof zerlegt, in Waggongruppen zugestellt – und die übrigen erst einmal im Güterbahnhof der DB, im Vorbahnhof der Hafenbahn oder im Hafen geparkt. Allein das macht viele Fahrten nötig.
7500 Züge werden jährlich im Bahnhof Neuss-Hessentor registriert, zuletzt 150 000 Waggons gezählt. Aneinander gereiht ergäben sie eine Länge von 2700 Kilometern, sagt Türger. Diese Massen an Waggons müssen auf der "letzten Meile", wie Fahrdienstleiter Waschul den Abschnitt vom Übergabebahnhof in den Hafen nennt, manövriert, bewegt, verschoben, ent- und beladen und zu neuen Zügen zusammengesetzt werden. Das geht rund um die Uhr und wird per Funk koordiniert. Trotzdem lernt jeder Eisenbahner noch das Zeichengeben von Hand - mit Fahne und Lampe. Denn auch bei technischen Pannen darf eines nicht passieren: Stillstand.
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