Er ist der
Sohn des berühmten Dirigenten Sir Simon Rattle, aber hat sich längst als
Klarinettist einen eigenen Namen gemacht: Sacha Rattle kommt mit seinem
Bläser-Ensemble Berlin Counterpoint ins Neusser Zeughaus.
Von Helga Bittner
Er war noch ein Kind, als für ihn schon feststand:
Ich werde ein Künstler. Und mit 16 wusste er: Ich werde ein Musiker.
Seine ganze Familie macht Musik, die Mutter ist Sopranistin, der Vater
Dirigent, Tanten und Onkel spielen Instrumente oder singen – konnte da
überhaupt etwas anderes rauskommen als ein Musiker? Na ja, sein Bruder
Eliot ist ein Maler geworden, aber den älteren Sacha zog es dann zu den
Noten. Dass er den berühmten Nachnamen Rattle trägt, sein Vater der Chef
der Berliner Philharmoniker ist, die Mutter eine in den USA bekannte
Sopranistin (und erste Frau von Sir Simon) sei aber nicht der Grund,
warum es die Musik wurde, sagt der heute 30-Jährige: "Es gab nie einen
Druck von meinen Eltern, ich habe es selbst gespürt und wollte das."
Als Kind hat er Geige, Cello, Klavier ausprobiert,
aber sein Instrument wurde dann die Klarinette. "Das wusste ich vom
ersten Moment, als ich sie spielte", sagt er. Neun Jahre war er damals
alt. Familie Rattle lebte in England, und Sacha begann eine Ausbildung
am Konservatorium in Birmingham. Nach der Scheidung der Eltern 1995
gingen die Söhne mit der Mutter nach Amerika, Sacha beendete seine
Ausbildung zunächst am Oberlin Conservatory of Music in Ohio. Vor neun
Jahren kam er dann der Klarinette wegen nach Berlin. Und dort war es der
Vater, der ihm den deutschen Klarinettisten Karl-Heinz Steffens
vorstellte. Der damals 21-jährige Sohn blieb und studierte an der
Musikhochschule Hanns Eisler.
Die weitere Entwicklung gibt ihm Recht: Sacha Rattle
hat sich als Solist, aber auch mit dem von ihm mitgegründeten Klavier-
und Bläsersextett Berlin Counterpoint einen eigenen Namen gemacht. Der
führt das Ensemble jetzt auch erstmals nach Neuss, wo es in der
renommierten Zeughauskonzert-Reihe Werke von Beethoven, Mozart, Ligeti
und Poulenc spielt.
Die Initialzündung, ein Bläserensemble zu gründen,
lieferte der Besuch eines Bläserkonzerts der Berliner Philharmoniker.
Mit vier Kollegen, die Sacha Rattle von Festivals oder gemeinsamen
Konzerten kannte, war er da: "Und wir alle fanden: Was ist für eine
schöne Musik und schöne Besetzung", sagt er lachend. Und weiter: "Das
können wir auch!" Von den sechs Gründungsmitgliedern des Berlin
Counterpoint sind noch vier dabei. "Aber zwei sind nur deswegen
gegangen, weil sie große Orchesterjobs bekamen und nicht mehr die Zeit
hatten", betont Sacha Rattle. Denn damals wie heute legt das Ensemble
großen Wert darauf, als solches viel gemeinsam proben und auftreten zu
können: "Wir verstehen uns nämlich nicht als Projekt."
Der Klarinettist lebt in Berlin, ist "fast
verheiratet", wie er lachend sagt, und hat ein gutes Verhältnis zu
seinem Vater, der in dritter Ehe mit der Sopranistin Magdalena Kozená
verheiratet ist und mit ihr ebenfalls zwei Kinder hat. "Mein Vater ist
total stolz auf mich", sagt Sacha Rattle lachend, "und wenn ich ein
Vorspiel habe, gehe ich gerne zu ihm, um vor seinen Ohren mich
auszuprobieren." Aber dennoch ist auch eines klar: "Wenn wir uns
treffen, sind wir vor allem Vater und Sohn."
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