Montag, 17. März 2014

Kaarst 1 "Fluglärm beeinträchtigt Lesefähigkeit"

In einer Informationsveranstaltung zu den Auswirkungen des Fluglärms warnten Experten vor den Risiken für die Gesundheit. Anlass für die Veranstaltung: die geplante Erweiterung der Flughafenkapazität in Düsseldorf. Von Stefan Reinelt
 
Der Flughafen Düsseldorf plant eine Kapazitätserweiterung von 45 auf 60 Flugbewegungen in der Stunde. Eine eigene Info-Veranstaltung im November vergangenen Jahres sorgte bei den Anwohnern kaum für Verständnis, stattdessen gründete sich daraus der neue Verein "Kaarster gegen Fluglärm". Auch die Stadt stellt sich gegen das Vorhaben des Flughafens und auf die Einhaltung der Nachtflugbeschränkungen. Auf einen Antrag der CDU hin beschloss der Stadtrat die Durchführung einer eigenen Veranstaltung: Rund 100 Bürger kamen dazu in die Rathausgalerie.
Zur Information und Motivation der Fluglärmgegner, so Bürgermeister Franz-Josef Moormann, begrüßte er als Hauptredner den Arzt und Epidemiologen Professor Eberhard Greiser. Der bundesweit gefragte Experte sprach über die gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm, insbesondere in den Nachtstunden. Sein Referat überschrieb er mit dem provokanten Titel "Fluglärm macht dumm, krank und arm".
Diese These, so Greiser, lasse sich durch mehrere wissenschaftliche Studien belegen. Nächtlicher Fluglärm stört den Schlaf und sorgt somit für eine kürzere Schlafdauer. Wer weniger als sieben Stunden schläft, trägt ein größeres Risiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Studie im Umfeld von sechs europäischen Flughäfen weise eine krankhafte Zunahme des Bluthochdrucks durch Nachtfluglärm aus, Schweizer Forscher hätten eine um 50 Prozent gestiegene Sterblichkeitsrate durch Herzinfarkt bei Menschen über 60 Jahre ermittelt. Als weitere mögliche Krankheiten zählte der Mediziner Nierenleiden in Folge des Bluthochdrucks, Diabetes, Demenz und Depressionen auf. Auch das Krebsrisiko steigt durch das geschwächte Immunsystem.

Um den Fluglärm auf Kosten der Gesundheit in Euro auszudrücken, hat er eine unabhängige Prognose am Beispiel des Frankfurter Flughafens für den Zeitraum 2012 bis 2021 aufgestellt. Auf 1,6 Milliarden Euro würden sich die Gesundheitskosten demnach belaufen, davon 440 Millionen Euro zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dass aber Fluglärm nicht nur für Krankheit und Armut sorge, sondern auch Dummheit verursache, diese Behauptung untermauerte Eberhard Greiser anhand einer Studie aus Großbritannien. Sie ermittelte eine stark beeinträchtigte Lesefähigkeit bei Schülern im Alter von neun bis elf Jahren.
Was die Kaarster in ihrem Fall tun können, erläuterte Helmar Pless von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm. "Nur durch Betriebsbeschränkungen kann Fluglärm schnell und wirksam begegnet werden", so seine zentrale Aussage. Rechtlich müssten sich die Betroffenen auf den Angerland-Vergleich von 1965 berufen: Dieser schreibt dem Flughafen Düsseldorf unter anderem den Einbahnbetrieb und das Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr vor. Die zweite Start- und Landebahn ist offiziell nur die Reserve für den Ausfall der ersten Bahn. Die vom Flughafen jetzt angestrebte flexiblere Nutzung des Zweibahnbetriebs bezeichnete Helma Pless deshalb als "Dammbruch".
Quelle: NGZ

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