Die meisten Neusser mögen es klassisch: "Es gibt zwei, drei Trausprüche, die immer wieder gern genommen werden, sie sind auch einfach sehr schön und passend für Traupredigten", sagt Sebastian Appelfeller, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Neuss-Süd. "Ein absoluter Klassiker kommt aus dem ersten Korintherbrief, es ist ein Satz aus dem Hohelied der Liebe: 'Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.'" Auch ein alttestamentarischer Ausspruch aus dem Buch Rut ist einer der Favoriten, wie Appelfeller aus Erfahrung weiß. "Wo Du hingehst, da will auch ich hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch; Dein Volk ist mein Volk, und Dein Gott ist mein Gott."
Dass diese beiden Sprüche auf der Liste der heiratswilligen Neusser ganz oben stehen, kann auch Franz Dohmes bestätigen, Pfarrer in der Christuskirchengemeinde. "Dass Rut diesen Satz gar nicht zu ihrem Geliebten, sondern zu ihrer Schwiegermutter Noomi sagt, stört die Brautpaare nicht", erzählt er. "Manchmal baue ich diesen Umstand aber in meine Predigt ein", fügt er schmunzelnd hinzu.
Suchte bis vor einigen Jahrzehnten in der Regel der Pfarrer die Trausprüche für die Verlobten aus, liegt die Wahl heute meist bei den Paaren selbst. "Ich lege viel Wert darauf, dass die Brautleute sich intensive Gedanken über ihren Trauspruch machen, er begleitet sie schließlich ihr Leben lang", erklärt Pfarrer Dohmes. Klar ist jedenfalls, dass der Spruch aus der Bibel kommen muss, auch wenn einige Paare andere Vorstellungen haben. "Es gibt auch Verlobte, die andere Quellen benutzen wollen", erzählt Pfarrer Appelfeller, der auch der Vorsitzende des Verbands der Evangelischen Kirchengemeinden in Neuss ist. "Sie wünschen sich zum Beispiel 'Man sieht nur mit dem Herzen gut' aus dem 'kleinen Prinzen' als Trauspruch. Das geht allerdings nicht."
Bei katholischen Hochzeiten sind Trausprüche – zumindest in der hiesigen Region – nicht so häufig anzutreffen wie bei den Protestanten. "Trausprüche sind eher in der evangelischen Tradition verankert", sagt Monsignore Wilfried Korfmacher von der Gemeinde Sankt Marien. "Bei der Vorbereitung bitte ich die Paare allerdings, die Texte, die bei der Predigt gelesen werden, mit auszuwählen", erzählt Korfmacher. Auch dabei entschieden sich viele Paare für das Hohelied der Liebe. "Letztlich sind es immer Texte, die dokumentieren, dass das Brautpaar das Göttliche mit in sein Ehe einfügen will", sagt Korfmacher.
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