"Ich komme aus dem süddeutschen Raum, da stehen Innereien wie Milz, Herz, Hirn oder Lunge ganz selbstverständlich auf der Speisekarte. Sie gelten als Delikatesse", sagt Marion Tiefenbacher-Kalus, Inhaberin des Restaurants Weingut. Als besondere Gaumenfreude gilt zum Beispiel Kalbsbries, ein Organ, das bei Jungtieren im vorderen Brustbereich sitzt und sich mit der Zeit zurückbildet. "Solche Speisen gehen hier gar nicht. Das würde ich auch nicht auf meine Karte setzen."
Die hiesige Abneigung gegen Innereien liegt zum einen daran, dass nicht nur zartbesaitete Gemüter die Vorstellung von Magen, Kutteln oder Euter auf dem eigenen Teller schlichtweg unappetitlich finden. Das Image ist einfach schlecht: Schon früher galt Muskelfleisch als wertvoller und nahrhafter als ein Organ, weshalb diese oft an Suppenküchen für Arme verschenkt wurden. Auch alte Gemüsesorten wie Stielmus, Steckrüben oder Schwarzwurzeln haben den Ruch des "Arme-Leute-Essens" an sich und schaffen es selten auf die Karte. "Schwarzwurzeln werden im Volksmund auch 'Spargel des armen Mannes' genannt", sagt Dorint-Manager Jörg Schulte. "Dabei sind diese Sorten äußerst schmackhaft. Wir bringen sie immer wieder auf die Speisekarte. Ein Stück weit wollen wir damit auch Bewusstsein schaffen für die alten Dinge."
Internationale Besucher interessierten sich sehr für regionale Spezialitäten. "Gerichte wie rheinisches Panhas oder 'Himmel und Äd' gibt es bei uns zum Beispiel auf Brauchtumsveranstaltungen", sagt Schulte. Gerade Gäste aus Asien seien offen für diese Speisen. "Wenn man erklärt, worum es sich handelt, wird das sehr gut angenommen", erzählt Schulte, der selbst gelernter Koch ist. Schwierigkeiten sieht er bei klassischen Innereien. "Früher gab es öfter saure Nierchen oder Leber Berliner Art, das gibt es inzwischen nicht mehr. Es wird einfach auch viel in den Medien skandalisiert."
Ähnlich sieht das der Inhaber des "Herzog von Burgund", Erich Tiefenbacher. "Bei uns steht die Gänsestopfleber auf der Speisekarte, auch wenn dieses Gericht in TV-Beiträgen oft skandalisiert wird. Wir stehen aber dazu und es wird von unseren Gästen auch gern angenommen." Kulinarische Grenzen gibt es allerdings auch für Tiefenbacher. "Wissenschaftler reden ja seit Jahren davon, dass Insekten die Nahrung der Zukunft sind." Obwohl diese durchaus gesund und proteinreich seien, winkt Tiefenbacher lachend ab: "Käfer oder Grashüpfer wird es vorerst nicht auf unserer Speisekarte geben."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen