Obwohl: "Es weicht auf", sagt Hergard Engert, "leider." Die Sache mit dem Essen zum Beispiel. "Ich habe mir als junge Anfängerin einen fürchterlichen Ärger eingehandelt, weil ich eine Colaflasche auf die Seitenbühne stellte", erzählt sie, aber heute verschwendeten manche keinen Gedanken mehr daran, stellten Ausstatter ihre Kaffeetassen ab, Regieassistenten ihre Wasserflaschen.
Für die 1966 geborene Österreicherin ist das immer noch ein Unding – auch wenn sie nicht erklären kann, warum diese Regel überhaupt Bestand hat. "Das hat vielleicht etwas mit Respekt vor dem Ort zu tun", sagt sie, denn Theater sei so etwas wie ein heiliger Ort, der von jedem, der dort arbeite, absolutes Wachsein und ungeteilte Aufmerksamkeit erfordere. "Bequem und sicher darf man sich am Theater nie fühlen", sagt sie und erklärt damit auch, dass das (private) Hütetragen auf der Bühne auch zu den Neins im Theater gehört.
Während solche Regeln keineswegs mehr von jedem Theaterschaffenden beherzigt werden, gibt es andere, die unerschütterlich sind. Der Wunsch "toi, toi, toi" vor einer Premiere etwa, verbunden mit einem Spucken über die linke Schulter des Aufgemunterten, der dazu aber schon in Maske und Kostüm stecken muss. "Und der darf sich nie bedanken", sagt Engert, "höchstens mal ein ,wird schon' oder – wie ich es auch schon gehört habe – ein ,viele Versprecher, du Schlampe' erwidern." Der spezielle Glückswunsch erinnert an den Glauben, dass der Teufel (daher "toi") immer auf der linken Schulter sitzt: "Und der wird weggespuckt."
Mancher Aberglauben aber hält sich auch ohne konkrete Anlässe. Dass etwa der Name "Macbeth" nicht ausgesprochen wird, hängt wohl nur mit der Angst vor den drei darin vorhandenen Hexen und ihren Verfluchungen zusammen. So redet man nur von dem "schottischen Stück".
Aber es gibt auch nette Bräuche am Theater. Kleine Premierengeschenke zum Beispiel – wie jüngst nach "Spieltrieb" von Juli Zeh. "Da geben wir uns kleine Kärtchen mit guten Wünschen und einem Danke", sagt Engert lachend, "oder schenken uns auch Kleinigkeiten." Von Henning Strübbe, der den Alev spielt, habe sie, die die Mutter von Ada verkörpert, zum Beispiel ein kleines Spielzeugauto bekommen. Was aber auch Bezug zur gemeinsamen Arbeit hat, denn bei der Figur Alev spielt ein Auto eben eine Rolle.
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