Das
französische Modigliani Quartett kommt heute zu einem Konzert ins
Neusser Zeughaus. Die vier Musiker haben sich vor elf Jahren gefunden
und für das Quartett alle solistischen Aktivitäten aufgegeben.
Von Helga Bittner
Als sie sich vor elf Jahren während des Studiums
kennenlernten, einte sie die Liebe zur Kammermusik. Philippe Bernhard,
Loïc Rio (beide Violine), Laurent Marfaing (Viola) und François Kieffer
(Cello) spielten zwar schon in Orchestern und kleineren Ensembles, gaben
Unterricht, aber mit der Bildung ihres Modigliani Quartetts begingen
sie in ihrer Heimat Frankreich Neuland. Zumindest bewegten sie sich auf
einem Feld, das dort noch nicht recht beackert wurde. "Es gab bei uns
keine große Tradition für Streichquartette", sagt Philippe Bernhard, "es
gibt auch nicht so viele Komponisten wie in Deutschland oder
Österreich, die Musik für solche Ensembles geschrieben haben."
Zunächst habe man daher kaum an einen großen Erfolg
glauben können, erzählt der Geiger weiter, "aber für uns war die
Quartettmusik wie eine Offenbarung, nachdem jeder von uns sein
Instrument eigentlich nur als Solist kannte". Der Ton, die Balance der
Streichinstrumente – das sei für die jungen Musiker eine völlig neue
Erfahrung gewesen, die letzten Endes mit zur Gründung des Quartetts
geführt habe. Es sei eine aufregende Zeit gewesen, erinnert sich
Philippe Bernhard heute lachend, "aber zum Glück haben sich die Zeiten
auch geändert".
Zu dem mittlerweile unverwechselbaren Klang des
französischen Quartetts dürften heute auch ihre Instrumente beitragen:
Bernhard spielt eine Violine von Giovanni Battista Guadagnini von 1780,
Loïc Rio eine Violine von Alessandro Gagliano von 1734, Laurent Marfaing
eine Viola von Luigi Mariani von 1660 und Francois Kieffer ein Cello
von Matteo Goffriller von 1706.
Dass die vier etwas aus ihrer Gruppe gemacht haben ist
eine Untertreibung angesichts des Durchmarsches der Modiglianis im
internationalen Konzertbetrieb. Auf jeden Fall gibt der Erfolg den
Musikern im Nachhinein Recht: Denn sie hätten sich damals entschlossen,
alle anderen Aktivitäten aufzugeben und sich ganz auf das Quartett zu
konzentrieren, erzählt Philippe Bernhard. Eine Karenzzeit für Erfolg
oder Scheitern haben sie sich aber nie gegeben, sagt Bernhard und
ergänzt lachend: "Wir haben es einfach versucht, und es hat
funktioniert." Wobei er auch betont, dass viele Musiker und
Musikveranstalter in Frankreich das Quartett von Beginn an unterstützt
haben. Die vier Musiker werden in den nächsten Monaten in Berlin,
Frankfurt, Köln, Paris, Wien, Barcelona, beim Schleswig-Holstein
Festival sowie wieder bei der Schubertiade gastieren, und sie planen
erneut Tourneen nach Australien, in die USA, nach Japan und China. Aber
erst einmal kommen sie jetzt nach Neuss. Für Bernhard ist das eine
Konzert so wichtig wie das andere, ob auf großen und berühmten oder
kleineren Podien: "Das spielt überhaupt keine Rolle", sagt er, "wichtig
ist allen die Musik und die Beziehung zum Publikum, die wir damit
aufzubauen hoffen".
Das Publikum profitiert auch von dem exzellenten
Verständnis der Musiker untereinander. "Wir sind auch Freunde", betont
Bernhard und ist sich sicher, dass alles andere auch gar nicht denkbar
wäre: "Wir verbringen nicht nur im Konzert so viel Zeit miteinander,
sondern auch außerhalb, weil wir auch sehr viel auf Reisen sind." In
Neuss werden die vier Musiker übrigens Werke von den beiden Komponisten
spielen, die für sie als Kammermusikquartett schon etwas Besonderes
sind: Haydn (Streichquartett G-Dur) und Beethoven (Streichquartett Nr. 9
C-Dur aus der "Rasumowsky-"Gruppe. Dazu kommt noch Bartóks
Streichquartett Nr. 2 a-Moll.
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