Landstraßenmord in Kaarst Sportlehrer festgenommen - Motiv rätselhaft
Im Fall des
an einer Landstraße in Büttgen getöteten Daniel Dicke ist Haftbefehl
gegen einen 28 Jahre alten Lehrer erlassen worden. Der Mann ist ein
Cousin des Opfers. Die Polizei hat Blutspuren des Opfers in seinem Auto
gefunden. Über das Motiv wird weiter gerätselt.Von Julia Hagenacker und Ruth Wiedner
Er hat am Grab seines getöteten Cousins gestanden,
obwohl er möglicherweise selbst der Täter ist. Im Fall des am 11.
Dezember an einer Landstraße in Kaarst-Büttgen tot aufgefundenen
Versicherungskaufmanns Daniel Dicke hat die Polizei am Mittwochabend
einen Sportlehrer aus Korschenbroich festgenommen. Er wird verdächtigt,
seinen eigenen Cousin erschlagen zu haben. Gegen den 28-Jährigen wurde
Haftbefehl – zunächst wegen Totschlags – erlassen. Über das Warum und
die Tatwaffe rätseln die Ermittler noch. Der 28-Jährige, der an einer
Schule in Willich unterrichtet, bestreitet die Tat und schweigt, nach
wie vor.
Ins Visier der Kripo war der Lehrer vor einer Woche
über sein Auto geraten. Zeugen hatten am Tattag einen silbernen VW Golf
in unmittelbarer Nähe des Tatorts beobachtet – einen Wagen, wie ihn auch
der jetzt Tatverdächtige fährt. Dreimal wurde der 28-Jährige zunächst
als Zeuge vernommen, bevor ihn die Polizei aufforderte, seinen Golf für
Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Im Innenraum stellten die
Kriminaltechniker erhebliche Manipulationen fest. Polizei und
Staatsanwaltschaft schlossen daraus, dass Spuren beseitigt werden
sollten. Für einen dringenden Tatverdacht, der für einen Haftbefehl
bestehen muss, reichten die Indizien zu diesem Zeitpunkt aber nicht aus.
Erst am Mittwoch klickten die Handschellen.
Erschlagen: Toter an Kreisstraße gefunden
Chefermittler Andreas Nickesen und Staatsanwalt
Matthias Ridder sprechen von weiteren schwerwiegenden
Belastungsmomenten, die bei der Untersuchung des Autos in den
vergangenen Tagen festgestellt wurden. "Im Fahrzeug ist Benzin
ausgebracht worden, und der Sicherheitsgurt auf der Fahrerseite wurde
entfernt", sagte Nickesen. Dennoch hätten die Spezialisten des
Landeskriminalamts Blutspuren des Opfers im Fahrzeug nachweisen können.
Den Hinweis auf die Manipulationen am Golf habe der 28-Jährige bei der
Abgabe des Wagens selber geliefert, sagte Polizeisprecher Hans-Willi
Arnold gestern. Wahrscheinlich, um von sich selbst abzulenken, habe er
den Ermittlern eine nicht schlüssige Geschichte von einer
"Verdeckungshandlung" aufgetischt, die sich an der Schule, an der der
28-Jährige arbeitet, vollzogen haben soll. Daraufhin sei er selber in
den Verdacht geraten.
Zum Motiv können und wollen die Ermittler derzeit
keine Angaben machen. Warum das 35-jährige Opfer am späten Abend an
einer unbeleuchteten Kreisstraße, direkt hinter einer Kreuzung, anhielt
und ausstieg, ist nach wie vor unklar. Eine Autofahrerin hatte der
Polizei am 11. Dezember um 22.16 Uhr zunächst einen vermeintlichen
Verkehrsunfall gemeldet. Rettungskräfte fanden den Dormagener, der als
Sachbearbeiter bei einer Versicherung in Köln arbeitete, an der
Kreisstraße 37 in Büttgen tot neben seinem Auto liegend. Das Fahrzeug,
ein schwarzer Audi, war in Fahrtrichtung Holzbüttgen auf der rechten
Fahrbahnseite abgestellt und befand sich etwa 40 Meter hinter der
Einmündung zur Landstraße 381.
Die spätere Obduktion ergab: Dicke wurde mit einem
stumpfen, relativ schweren und scharfkantigen Werkzeug erschlagen. Von
diesem fehlt nach wie vor jede Spur, die Untersuchungen aller gefundenen
und in Frage kommenden Gegenstände dauern aber noch an. Die
Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass der Auffindeort nahe einer
historischen Getreidemühle am Rande des Kaarster Ortsteils Büttgen auch
der Tatort ist, der wiederum in der Nähe des Wohnorts des
Tatverdächtigen liegt.
Der Lehrer soll zurückgezogen im früheren Haus seiner
Großeltern, in direkter Nachbarschaft zu seinem Elternhaus, gelebt
haben. In der vergangenen Woche hatte die Polizei seine Wohnung
durchsucht, um Beweisstücke sicherzustellen. "Ich war an dem Tag beim
Kegeln in der Gaststätte gegenüber", erzählt eine Nachbarin. "Meine
Tochter kam angelaufen, war total aufgeregt, weil bei ihr vor der
Haustür die ganzen Streifenwagen parkten." Die Beamten seien lange im
Haus gewesen. Die Familie lebe seit Jahren dort, habe aber keinen großen
Kontakt zu den Nachbarn. Das bestätigt auch ein älterer Herr. "Ich bin
hier groß geworden", sagt er, "aber direkten Kontakt zu der Familie gab
es keinen, weder zur Mutter noch zum Sohn." Die Ermittlungen laufen
derweil weiter. "Aktuell gehen wir von Totschlag aus", sagte
Staatsanwalt Matthias Ridder gestern. "Aber auch das kann sich noch
ändern. Möglicherweise ergibt sich noch ein Mordmotiv."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen