So geht es auch vielen Kolleginnen. Rund 20 Hebammen sind dem Kreisgesundheitsamt zufolge in Neuss zugelassen, kreisweit sind es etwa 70. Doch wer sich durchtelefoniert, hat oft nur den Anrufbeantworter dran – mit dem Hinweis, dass keine Schwangeren mehr aufgenommen werden, und wenn doch, dann nur für die Vor- und Nachsorge, aber nicht für die eigentliche Geburt. Hauptgrund dafür sind die hohen Beiträge für die Haftpflichtversicherung (siehe Info-Box). Sie sind um ein Vielfaches höher, wenn direkt bei der Geburt geholfen wird. Für die Vor- und Nachsorge gibt es Extra-Tarife. Aber auch diese sind kaum noch zu stemmen.
"Ich fürchte, dass ich meine Praxis schließen muss", sagt Armelle Badey-Plahr. In ihrem Betrieb am Standort Lukaskrankenhaus arbeiten acht angestellte Hebammen. "Geburtshilfe machen wir schon lange nicht mehr", sagt Badey-Plahr, die auf 45 Jahre Berufserfahrung zurückblicken kann. Dieses Berufsfeld haben sie den angestellten Hebammen im Krankenhaus überlassen, die Geburten im Schichtdienst betreuen. "Wir betreuen die Schwangeren vor und nach der Schwangerschaft, außerdem bieten wir Kurse an", sagt Plahr. Mehr sei nicht möglich.
Hebamme Annette Reimers hat bis vor kurzem am Johanna-Etienne-Krankenhaus als "Beleghebamme" gearbeitet. Das bedeutet, sie betreute die Frauen individuell ab der zwölften Schwangerschaftswoche, war bei den Geburten dabei und übernahm die Nachsorge. "Der Vorteil ist, dass ich die Frauen die ganze Zeit begleite", sagt Reimers. Im Schichtdienst klappe das nicht. Dauert eine Geburt länger – was nicht selten ist – wechselt auch die Hebamme. "Die Geburten werden damit zur Fließbandarbeit", kritisiert Reimers.
Hebammenkollegin Armelle Badey-Plahr bezweifelt allerdings die Zahlungsbereitschaft der Mütter und Väter. "Das sehe ich an unseren Kursen: Sobald zugezahlt werden soll, sinkt das Interesse rapide." Badey-Plahr hat nun einen Brief an Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) aufgesetzt. "In diesem Fall kann nur noch die Politik helfen", sagt die Hebamme.
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