Dienstag, 3. August 2010

Dormagen: In Dormagen fehlen Hebammen

Für Schwangere, die ihr Kind zuhause oder zumindest mit einer ihnen vertrauten Hebamme im Krankenhaus zur Welt bringen wollen, wird die Suche nach Geburtshelferinnen immer schwieriger.
Vor der Geburt überlegen sich Eltern genau, ob ihr Kind im Krankenhaus, im Geburtshaus oder zuhause zur Welt kommen soll. Dazu wünschen sich viele Mütter eine Hebamme, die sie nicht nur bei der Vor- und Nachsorge, sondern auch während der Geburt betreut – wenigstens als mitgebrachte Beleghebamme im Krankenhaus.
Die Suche nach freiberuflichen Hebammen, die Rundum-Betreuung anbieten, also auch Geburtshilfe leisten, gestaltet sich freilich zunehmend schwieriger. Im Rhein-Kreis Neuss sind Geburtshelferinnen abgesehen von den angestellten Hebammen in den Kliniken Mangelware. "Wir hätten gerne mehr Beleghebammen", sagt Oberärztin Margarete Albiez im St.-Etienne in Neuss, wo noch eine Beleghebamme arbeitet. Im Lukaskrankenhaus in Neuss und im Kreiskrankenhaus Hackenbroich gibt es keine.
Info
Freie Hebammen
In Deutschland gibt es rund 15 700 freiberufliche Hebammen. Ein Viertel von ihnen leistet Geburtshilfe. Pro Jahr betreuen sie 150 000 Beleggeburten in Kliniken und rund 10 000 Geburten in Geburtshäusern und zu Hause.
Frauen, die eine ihnen vertraute Hebamme in der Klinik oder eine Hausgeburt wünschen, wenden sich daher beispielsweise an Nitya Runte – in Köln. Sie hat schon einige Frauen aus Neuss und Dormagen bei der Geburt zur Seite gestanden. "Vor Ort finden die Frauen ja kaum noch Geburtshelferinnen. Dabei ist die Geburtshilfe das Herzstück unseres Berufs", sagt sie.
Demnächst könnte die Suche noch schwieriger werden. Denn abgesehen davon, dass bei der zeitaufwändigen Betreuung "das Privatleben drauf geht", wie Petra Kleist von der Dormagener "Hebammenpraxis" anmerkt, drücken die Geburtshelferinnen jetzt auch noch drastisch gestiegene Haftpflichtprämien. Trotz der Gruppenversicherung über den Deutschen Hebammenverband zahlen die Hebammen seit dem 1. Juli 3700 Euro Prämie pro Jahr – "das ist praktisch eine Verdopplung", erklärt Petra Kleist. "Man macht somit die ersten zehn Geburten im Jahr nur für die Versicherung." Dabei hat sich nicht die Zahl der Schadensfälle erhöht. Das Problem sind gestiegene Behandlungskosten und Schmerzensgelder, für die "die wenigen Versicherer, die Geburtshelferinnen versichern, Rücklagen bilden müssen", sagt Edith Wolbers, Sprecherin des Deutschen Hebammenverbandes. "Auch die Beiträge, die Sozialversicherer durch ein beeinträchtigtes Kind verlieren, werden einkalkuliert." Folge: Die Geburtshelferinnen können sich nicht mehr leisten, ihr Berufsrisiko zu versichern. Zwar bekommen Hebammen künftig für eine Beleggeburt acht und für eine Hausgeburt 100 Euro mehr. "Aber als Hebamme kann man ja nicht die Zahl der Geburten steigern, um mehr zu verdienen", sagt Petra Kleist. "Das Ziel lautet, eine Geburt so individuell wie möglich zu gestalten. Das aber geht mehr und mehr verloren." Zu Lasten der Schwangeren, von denen sich viele eine ihnen vertraute Hebamme wünschen: "Jede zweite Frau fragt mich, ob ich sie ins Krankenhaus begleite".

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